Band: Muncie Girls
Album: Fixed Ideals
Genre: Punk / Indie
Label: Specialist Subject
VÖ: 31. August 2018
Webseite: munciegirls.co.uk
Wenn die Grundpfeiler psychischer Gesundheit bereits früh morsch werden, zusätzlich von oben Druck kommt, von der Seite ein starker Wind bläst sowie einen die inneren Stimmen dauernd anrempeln, dann kommt ein Album wie “Fixed Ideals“ zum genau richtigen Zeitpunkt. In erster Linie für Frontfrau Lande Hekt, aber sicher auch für alle, die nur zu gut mitfühlen können. Wenn die schweren Zeiten auf zu dünnen Schultern lasten, man nachts nicht einschlafen kann und sich wie das Schaf fühlt, das man beim Zählen vergessen hat – oder das man gar nicht mehr wahrnimmt, weil man in wirre Träume weg döst, dann muss man sich selber daran erinnern, dass man etwas zählt. Und wenn das nicht mehr gelingt, hat man im besten Fall beste Freunde (“Picture Of Health“), braucht professionelle Hilfe (“Clinic“) oder sucht einen Umgang mit Dingen wie Alkohol, der vieles dann aber meist doch nur verkompliziert.
Resignation und Machtlosigkeit sind miese Nachbarn. Aber immerhin hat Hekt eine eigene Stimme. Und mit dieser behandelt sie – nicht ohne Sprachwitz – eine Menge Themen, die allesamt sehr persönlich ausgefallen sind und an diversen Stellen Bezug nehmen zu psychischer Gesundheit, Freundschaft und Politik. Den Zeitgeist vermag sie zwar nicht zu verscheuchen, aber sie zeigt ihm den Mittelfinger und das ist durchaus nachvollziehbar, wenn man von ihm oder vom Vater (“Jeremy”) im Stich gelassen wurde.
Die Musik und Texte von Muncie Girls aus Exeter sind beherzt, entwaffnend und ehrlich. Nur selten auch ein bisschen niedlich: “I feel like a child with shampoo in my eyes/ Yeah, sometimes I do/ Bubble bath tears/ A tub full of fears/ Still fill it too high after all these years“. Es funktioniert, weil die musikalisch meist beschwingten Songs den Texten oft das Erdrückende nehmen, einen Gegenentwurf zeichnen und die Stimmungsbilder damit etwas aufhellen. Muncie Girls gelingen auf ihrem zweiten Album 13 kleine Indiepunk-Hits. Und in “High“ nach 2:18 einer der besten Indiepunk-Momente des Jahres.
Die Dinge, von denen Hekt singt, brauchen Mut. Und das verdient Respekt. Sie verarbeitet ihre Erfahrungen gesellschafts- und selbstkritisch, macht sich dadurch angreif- aber nie streitbar, weil sie zuerst vor ihrer eigenen Haustüre kehrt und nicht spart mit Reflektionen über Eigenverantwortung im Umgang mit den bereits gemachten Erfahrungen. Im Wesentlichen halten Muncie Girls die Freundschaft hoch und damit das soziale Gewissen, ohne das man vielleicht Macht hat aber keinen Sinn im Leben: “Maybe my mistake was in expecting dignity/ Thinking that the welfare state would support someone like me“. Klingt resigniert? Muss es aber nicht. Es entspricht ganz sicher nicht dem Zeitgeist, aber was soll man machen, wenn das Glück an einem vorbeizieht wie in einer Parade und man vom Strassenrand aus nur winken kann? Ein Album wie “Fixed Ideals“ aufnehmen zum Beispiel.
Tracklist:
1. Jeremy
2. Picture Of Health
3. High
4. Clinic
5. Falling Down
6. Isn’t Life Funny
7. Bubble Bath
8. Fig Tree
9. Locked Up
10. In Between Bands
11. Laugh Again
12. Hangovers
13. Family Of Four
Bandmitglieder:
Lande Hekt – Gesang, Gitarre und Bass
Dean McMullen – Gitarre
Luke Ellis – Schlagzeug
Gründung:
2010
Text: Michael Messerli