Band: Møster!
Album: States Of Minds
Genre: Jazz / Blues / Experimental / Rock
Label: Hubromusic
VÖ: 7. September 2018
Webseite: moester.no
Ein kompromissloser Drang nach Abenteuer und Experiment sind wohl die furchtlosen Grundlagen dieses beispiellosen Doppelalbums der norwegischen Musikergruppe rund um den Saxophonisten und Namensgeber Kjetil Møster. Hätte die Musik unwiderrufliche physikalische Gesetze, in „States Of Minds“ würden sie alle als hinfällig abgetan. Ein Projekt, dies vorab, nur für absolute Liebhaber von unfassbaren Klängen.
Bereits die beiden ersten Songs, sowohl von Platte eins wie auch zwei, sind eine über zwanzig minütige Herausforderung, die zusammenfliessen lassen, was scheinbar nicht zusammen gehören darf. Da sind unverkennbare Jazzelemente die sich paaren mit experimentellem Rock, Blues und Boogiepassagen, so arrangiert dass alles irgendwie am ehesten im Post-Rock seine Einheit findet. Sie geben einen gewissen Vorgeschmack auf die restliche musikalische Ursuppe. Das beinahe im Minutentakt vollzogene Genre-Hopping ist höchst virtuos und gleichzeitig eine Zumutung für den Geschmack, ob den Guten oder den Schlechten. Nur dazwischen lassen minimalistische Titel kurz durchatmen. Dies vor allem wenn der Jazz in den Vordergrund rückt und Saxophon und Klarinette sinnlich werden, wie in „Phantom Bandotron“ oder in „Mystère“. Dann wieder eine trommelfellentzweiende Nummer mit dem Titel „Unhorsed By Chivalry“, welches unvergleichlich lärmt und beinahe schon weh tut. Es macht mich fast wütend. Gleich erneut ein Cut. „Sounds Like A Planet“ sind dann eher nur Geräusche denn Musik.
„States Of Minds“ verlangt absolute Konzentration und nur wenn ich mich darauf einlasse erlebe ich die wohl abgezielte Wirkung – brachiale Intensität. Es entfaltet sich nach mehrmaligem Hören eine Faszination für diesen Surrealismus. Mal ist es die Kraft der Gitarren die eindringen, dann wieder habe ich das Gefühl es fällt alles unter der immensen Überfülle über mir zusammen. Ich bin erschlagen. Fühle mich gezwungen zu differenzieren. Ich erkenne die einzelnen Elemente und bin erstaunt wie klar und luftig sie doch wirken. Wie zierlich die Drums den Beat heraufbeschwören, in diesem Geflecht aus allem. Jeder Song bedient eine andere Mikroebene. Plötzlich fällt auf, dass sich Scheibe eins und zwei in ihrer Art wiederum im Stil, der ja eigentlich nicht vorhanden zu sein scheint, oder sich vielmehr wohl bewusst nicht definieren lässt, vortrefflich trennen lassen.
Møster! schafft mit „States Of Minds“ einen Exkurs durch grosse Teile der Musikgeschichte mit dem Zentrum Jazz und wird dadurch einmalig. Ist es Liebe oder Hass? Wohl eher masochistische Hassliebe. Ich kann es für meinen Teil noch nicht sagen. Geschmack liegt nun mal im Ohre des Zuhörers. Was bleibt ist das Suchtpotenzial das die beiden Scheiben auslösen. Der Drang erneut Play zu drücken grenzt indes irgendwo zwischen unflätiger Wollust und Selbstkasteiung. Schockierend! Verstörend! Verwegen! Verachtend! Gewaltsam intensiv! Mø(n)ster!
Tracklist:
CD 1
1. Brainwave Entrainment
2. Unhorsed By Chivalry
3. Plate Sized Eyes
4. Mystère
5. Bow Shock
CD 2
1. Life Wobble
2. Phantom Bandotron
3. Sounds Like A Planet
4. Mon Plaisir
5. What A Flop Waking Up
Bandmitglieder:
Kjetil Møster – Saxophon, Klarinette und Perkussion
Hans Magnus Ryan – Gitarre
Jørgen Traeen – Synthesizer und Hawaiigitarre
Nikolai Haengsle – Bass
Kenneth Kapstad – Perkussion
Text: Sebastian Leiggener