The Baoli Ltd / ISBN: 978-1-7399822-0-1
Text: Anna Wirz
Depeche Mode hat eine passionierte Fangemeinde, treu und unbeirrbar seit 40 Jahren. Diese Fangemeinde war es, die in den 80er-Jahren zahlreiche Fanclubs und Fanzines gründete. Die Band selbst hatte einen offiziellen Depeche-Mode-Fanclub, der alle drei Monate das «Bong»-Heft veröffentlichte, das mit den neusten Infos zur Band aufwartete.*
Die Fotografin Michaela Olexova war in den Neunzigern die Redakteurin von «Bong» und fotografierte Depeche Mode auf ihren Tourneen und hinter den Kulissen. Nun erscheint ihr Buch «DREAM. Depeche Mode Photographs 1994-2002». Es ist bestückt mit Fotografien, die ursprünglich in «Bong» erschienen sind, sowie solchen, die nie zuvor veröffentlicht wurden.
Das Buch ist für eingefleischte Depeche-Mode-Fans definitiv ein Traum. Fotos in Schwarzweiss und in Farbe, mal konturenscharf, mal verschwommen wie die Bilder von Band-Fotograf Anton Corbijn; mal in Nahaufnahme, mal mit Weitblick; spielerisch und dokumentarisch zugleich.
Man sieht die Bandmitglieder Dave Gahan, Martin Gore, Alan Wilder und Andy Fletcher auf der berüchtigten «Devotional Tour» – berüchtigt deshalb, weil die Tour 1993 und 1994 vor Heroin- und Alkohol-Exzessen nur so strotzte und die Band fast zum Erliegen brachte. Nach Entziehungskuren und Erholung ging es 1998 auf der «Singles Tour» behutsamer zu.
Die Emotionen dieser Tourneen und ihrer Live-Performances fing Olexova gekonnt ein: Sänger Dave Gahan in Rockstar-Pose, Keyboarder und Schlagzeuger Alan Wilder in voller Konzentration. Noch spannender wird es bei den Fotos hinter den Kulissen: hier Songwriter Martin Gore mit schelmischem Blick; da Keyboarder Andy Fletcher als Tourist in Prag.
Am aufschlussreichsten sind die Fotos im Studio während der Aufnahmen des Albums «Ultra» (1997). Die Band sieht müde aus, Dave Gahan wirkt unsicher – kein Wunder nach den Erlebnissen der Jahre zuvor. Produzent Tim Simenon steht wie ein aufmunternder Bruder im Studio hinter der Band; eine Unterstützung, die Depeche Mode in diesem Moment nötig hatte.
Das Buch von Michaela Olexova besteht nur aus Fotografien, ohne Begleittext und ohne Angaben zu Jahr und Ort der Aufnahmen. Man muss sich in der Bandgeschichte gut auskennen, um zu wissen, welches Foto in welchem Zusammenhang geschossen wurde. So ist fraglich, ob das Buch für Nicht-Hardcore-Fans von Interesse ist.
Wenn man das Buch aber als reines Fotoprojekt anschaut, losgelöst vom Depeche-Mode-Fantum, erfreut man sich an der Qualität analoger Fotografie, an der Körnigkeit des Schwarzweissfilmes und an den intensiven Rot- und Blautönen des Farbfilmmaterials. Ein schönes Zeitdokument, auf allen Ebenen.
*Informationen zu «Bong» aus: Dennis Burgermeister & Sascha Lange – «Depeche Mode – Monument». Verlag Blumenbar, 2013.