Hannibal Verlag / ISBN: 978-3-85445-733-6
Übersetzung: Sabine Thiele
Text: Torsten Sarfert
Das pralle Leben und das nahezu unüberschaubare Werk des Nicholas Edward Cave adäquat in eine Biografie zu packen, könnte leicht biblische Ausmasse annehmen. Dies ist wohl der Grund, warum sich Musikjournalist Mark Mordue mit „Jugendfeuer – Die frühen Jahre des Nick Cave“ nur auf einen Ausschnitt der Biografie des australischen Ausnahmekünstlers fokussierte. Dafür benötigt Mordue gut 350 Seiten plus ein eng beschriebener Quellennachweis und weiterführenden Ergänzungen. Da gab es kürzere Biografien, die das gesamte Leben eines Künstlers wiedergaben. Zumal sich die „frühen Jahre“ fast ausschließlich auf Nicks Zeit in Melbourne konzentrieren, also auf eine Zeitspanne von knapp 10 Jahren von 1971 -1980.
Mit 14 Jahren wurde der Held unserer Geschichte aus der idyllischen australischen Provinz (Blaupause vieler seiner späteren Songs) und dem Schoss seiner gutbürgerlichen Familie hinauskatapultiert, in das Moloch-artige Melbourne der wilden 70er-Jahre. Das hochgewachsene und wilde Landei vermochte sämtliche Chancen und Risiken bestens zu nutzen, um zuerst im Internat und dann an der Kunstschule eine illustre Clique an Gleichgesinnten „Misfits“ um sich zu scharen.
Mark Mordue betont immer wieder den massiven Einfluss von Nicks Vater Colin (1979 tödlich bei einem Autounfall verunglückt), mit dem ihn eine Art Hassliebe verband, trotz oder weil beide ähnlich gepolte, starke Charaktere waren. So war es dann auch Colin Cave, der hochangesehene Lehrer, der seinem Sohn mit teils fragwürdiger Pädagogik, die Faszination für Literatur und Musik nahebrachte. Daraus folgte konsequenterweise um 1975 die Gründung der ersten Band „The Boys Next Door“, die damals für einigen post-punkigen Wirbel im entfesselten Melbourne sorgten und aus denen später „The Birthday Club“ und „The Bad Seeds“ hervorgehen sollten.
Allerlei spannendes name-dropping, unvermeidliche Drogengeschichten und Beziehungskisten, sowie aufschlussreiche Verweise auf die Einflüsse und Motivationen Nicks im Allgemeinen und der Band im besonderen machen „Jugendfeuer“ zu einer erhellenden, eloquenten und tiefschürfenden Lektüre. Zumal von der damaligen Szene in Down Under nicht ansatzweise so viel kolportiert wurde, wie beispielsweise von der britischen oder der amerikanischen.
Die frühen Jahre enden 1980 mit der temporären Umsiedlung der „Boys Next Door“ nach London, wo sie als „The Birthday Party“ ankommen sollten und ich freue mich schon auf die „Die London Jahre“.