earMUSIC / VÖ: 4. März 2022 / Art Rock, Prog
marillion.com
Text: Michael Bohli
Musik zur Zeit, da gibt es kein Ausweichen. Man kann noch so lange versuchen, das Thema der Pandemie zu umgehen, wir befinden uns in dieser Situation. Nur richtig, handelt «An Hour Before It’s Dark» zu grossen Teilen von davon. Marillion sind nach dem grossartigen «F*** Everyone And Run (F E A R)» mit einem Album zurück und zeigen sich als Verwalter der sozialen und politisch brennenden Themen im progressiven Rock. Auf Corona lassen sich die sieben Lieder aber nicht reduzieren.
Entstanden in vielen Jamsessions, sind die Kompositionen fliessend und nicht auf den ersten Durchgang erfassbar. Die Details schälen sich nach mehrmaligem Hören heraus, Verbindungen zwischen den Stücken ergeben sich nach dem Studium der Texte. Mit dem langen Opener «Be Hard On Yourself» stellen Marillion viele Fragen, geben sich kritisch und nehmen unser Dasein auseinander. Ein Lied gegen den Klimawandel und für die grundlegenden Veränderungen in der Gesellschaft, tempo- und variantenreich. Das ist zu gleichen Teilen melancholisch wie kämpferisch, negativer das treffende «Murder Machines».
Gemeinsam mit dem fesselnden «Reprogram The Gene» werden Handlungen bei Covid hinterfragt, die Gruppe liefert Melodienbögen und Textzeilen, die unter die Haut gehen. «Locked down knocked down, A country in tears / Shaking this one, Is gonna take years”. Frontmann h findet die perfekten Worte ohne Scham vor den grossen Gefühlen, dieser Art Rock ist im richtigen Mass Kitsch, Hippie-Gedanken und Anstoss zum Wandel.
Aufgenommen in den Real World Studios ist «An Hour Before It’s Dark» ein sehr gut klingendes Album, das Zeit benötigt. Marillion setzen ihren Weg unbeirrt fort und gefallen ohne Hits. Die Chorgesänge bei «The Crow And The Nightingale» ehren nicht nur Leonard Cohen, das epische «Care» besingt die wahren Helden der heutigen Zeit – die Menschen im Gesundheitswesen. Die letzte verbleibende Stunde mit dieser Platte zu verbringen ist mehr als richtig.