Flight13 Records / VÖ: 18. November 2023 / Punkrock
Lombego Surfers
Text: Torsten Sarfert
Punk’s not dead (at least in Basel)!
Auch nach 35 Bühnen-Jahren sind die Lombego Surfers anscheinend noch weit vom Hexenschuss (Lumbago) entfernt. Vielmehr gönnt sich die dienstälteste Basler Punkrock-Band zu diesem Jubiläum mit „Still Living On Thin Ice“ ihr erstes Live-Album. Das erstaunt umso mehr, als die Kapelle von Leadsänger und Gitarrist Anthony Thomas live immer am stärksten war und bis heute ist. Die Nachfrage von Fan-Seite war gross, aber wer will heutzutage schon ein Live-Album veröffentlichen? Nicht mal das eigene Label. Also fasste man sich in bester DIY-Underground-Punkrock Manier ein Herz und nahm das Ganze in die eigenen Hände.
Voilà: Nach 12 Studio Alben und diversen Singles und EPs entstand mithilfe von Swiss Punk, einigen entstaubten Archiv-Aufnahmen und unter voller künstlerischer Freiheit nicht nur ein Live-Album, sondern gleich ein Doppel-Live Album. Dabei surfen die Lombegos mit Material von drei Konzerten aus drei Jahrzehnten durch ihre komplette 35-jährige Bandgeschichte.
Die Ramones vom Rheinknie
Den Anfang macht ein 1989 vom damaligen „Störsender“ DRS3 übertragenes Konzert aus dem Atlantis. Damals rockten Tony, Peter, Max und Lombego „J“ Dorpedo noch zu viert und hatten gerade entschieden sich nicht im Ramones-Style „The Dorpedos“, sondern „The Lombego Surfers“ zu nennen. Drei der sechs hier zu hörenden Songs sind rein instrumentale Surf-Rock Nummern und sollten allen Dick Dale- oder Link Wray-Fans die Freudentränen in die Augen treiben. Darüber hinaus sind „Shark Man“ und „Jelly Fish“ bisher unveröffentlicht. Zusammengenommen nicht mal viereinhalb Minuten, die allein schon den Kauf des Albums rechtfertigen. Die restlichen vier, mindestens ebenso starken Songs kommen vom Debüt-Album „At The Gates Of Graceland“, welches ohnehin in jede ernstzunehmende Surfpunk-Plattensammlung gehört. Konzertbesucher:innen und Radiohörer:innen gleichermassen waren begeistert.
Psychotic Sommercasino
Keine 10 Jahre später, immer noch zu viert aber in leicht veränderter Besetzung, wurde 1997 das Sommercasino Basel zerlegt. Man konnte mittlerweile auf vier Alben zurückgreifen und einige Songs des fünften waren bereits eingespielt. Der Ton war rauer und grober, die Surfsounds zugunsten härterer Punkrock-Gitarren zunehmend in den Hintergrund getreten. Titel wie „Bad Night Out“, „Just One Swig“, „Trip In Your Brain“ und „Psychotic Zone“ lassen vermuten, dass es sich bei diesem Konzert nicht um eine bestuhlte Nachmittagsveranstaltung für die ganze Familie handelte. Sechs Stücke dieses ebenfalls vom DRS3 mitgeschnittenen Konzerts wurden bereits auf der 1998er CD-Ausgabe von „Friendly Fire“ veröffentlicht. Äusserst Fan-friendly befinden sich weitere fünf unveröffentlichte Sücke desselben Konzerts auf vorliegendem Doppel-Album. Zusätzlich zu zwei Überschneidungen, die sicherlich niemanden stören sollten, da man „Born Senile“ und „Psychotic Zone“ ohnehin nicht oft genug hören kann.
„We are The Lombego Surfers and we play some Rock’n’Roll!“
Die Aufnahmen des letzten Konzerts wurden 2022 an der „The High-Side“ Album-Taufe im Humbug aufgenommen und runden „Still Living On Thin Ice“ ab. Vier Stücke dieses Konzerts erschienen vorab auf einer auf 30 Stück limitierten 8“-Edition, welche das damals womöglich schon geplante Live-Projekt anteaserte. Die insgesamt 14 Stücke des Konzerts zeigen die mittlerweile zum Trio geschrumpften Lombegos in bester Spiellaune. Urgestein Anthony Thomas, der langjährige Bassist Pascal Sandrin und Olivier Joliat an den Drums liefern die perfekte und hochaktuelle Ergänzung zu den anderen beiden Konzerten. Dies macht aus der selbstfinanzierten Herzensangelegenheit „Still Living On Thin Ice“ den ultimativen Querschnitt des 35-jährigen Schaffens der unermüdlichen Lombego Surfers. Dazu noch mit der oben bereits erwähnten rohen Live-Energie, die übrigens laut eigener Aussage auch stets der Motor für Frontmann Tony war und ist: „My favourite thing about my musical career is to be able to play live and create something special. And of course a free drink here and there.“
In diesem Sinne und in Anlehnung an einen der Songs der trinkfreudigen Truppe: „Give him his drink!“
Das Vinyl-Album erscheint in einer limitierten Auflage von 300 Stück. Allen Platten liegt ein Siebdruck von “ikonischen” Lombego Surfers Motiven von deren Hausdesigner Dirk Bonsma bei: Kugelfisch, Piratenkopf oder Surferdude.
Dieser Artikel erschien in ähnlicher Form bereits im November 2023 auf musikbuerobasel.ch