Eigenveröffentlichung / VÖ: 6. Oktober 2023 / Pop
lestouristes.ch
Text: David Spring
Mundart-Pop, dann noch auf Baseldytsch? Das löst bei manchen Menschen vielleicht musikalische Angstzustände aus. Doch sind wir ehrlich, unsere heimische Sprache ist so vielfältig und charmant, wie kaum eine andere. Und über den Musikgeschmack lässt sich ja ohnehin streiten. Eine Band, der das alles egal ist, weil sie lieber einfach verdammt geile Mukke produzieren, sind Les Touristes aus Basel. Mit «A La Carte» steht uns endlich ihr erstes Album bevor.
Vorneweg: wer die Band nicht kennt, soll mal sämtliche Vorurteile ablegen und sich die fünf Jungs live geben. Kaum eine Schweizer Pop-Gruppe geht nämlich ab, wie sie. Wer an einem Konzert von Les Touristes nicht ins Schwitzen gerät, macht irgendetwas falsch. Was 2012 als durch die Einkaufsstrassen tingelndes Akustik-Projekt begann, mutierte mittlerweile zu einer der tanzbarsten Bands des Landes. Mit fetten, handgemachten Beats, gefährlich grossem Mitsingpotential, einem Saxophon, dass Wände und Lenden erzittern lässt und mal schelmischen, mal tiefschürfenden Texten, veranstalten sie einen Abriss sondergleichen.
Zum Glück gelingt es ihnen weitestgehend, diese Energie und Qualität auch auf Band zu zaubern. Beginnen wir mit dem Ende: der Closer «Anarchie» ist einer der geilsten Live-Songs aller Zeiten. Auf «A La Carte» haben Les Touristes den Hit komplett neustrukturiert, was im Album-Kontext hervorragend funktioniert. Doch gibt es neben diesem durchgeknallten Sax-Dubstep-Punk-Monster noch viel mehr! Den Auftakt macht das gemütliche, an Patent Ochsner erinnernde «Immer Gliebt», ein sympathisches Liebeslied. Mit «Feldbergstross» werden dann fette Latino-Beats aufgefahren, um die Basler Partymeile gebührend abzufeiern. Hier kommt auch erstmals das Saxophon so richtig zum Einsatz, welches die Band vom Gros des Mundartpops abhebt. Einfach unverschämt, wie gut das abgeht.
Mit «Haus verkauft» ist ein einzelner, sehr starker Song in Hochdeutsch vertreten, der Erinnerungen an Jan Delay hervorruft. Die Studenten-Hymne «Pasta» wiederum ist ein toller Sommerhit, «Immer no» ein Popsong, wie er im Bilderbuch steht, und «Frau Nera» ein neckischer Latino-Gassenhauser, der keinen Stein auf dem anderen lässt. Und dann ist da noch die Single «Du + Ich». Ein wunderschönes Liebeslied, das durch die exzellente Stimme von Gastsängerin Ira May nochmals eine ganz neue Soundebene von Les Touristes eröffnet.
In nur 25 Minuten liefern Les Touristes unglaublich viel Abwechslung und überzeugen auf ganzer Linie. So viel Spass hat Mundart-Pop schon lange nicht mehr gemacht. Vor allem passiert so viel mehr als nur das, was man so aus dem Radio kennt. An die Qualitäten ihrer Live-Shows reichen Les Touristes auf Platte zwar nicht ganz heran, aber das ist auch echt viel verlangt. So oder so, das Buffet ist eröffnet und die Schweiz hat endlich wieder eine Pop-Gruppe, die so richtig abliefert. Bon appétit!