Devil Duck Records / VÖ: 14. April 2023 / Punk, Indie-Rock
kommandokant.de
Text: David Spring
In unserer stetig digitaler werdenden Zeit fällt es nicht immer einfach, sich nicht zu verlieren. Das Zwischenmenschliche bleibt auf der Strecke, Diskussionen zu belanglosen Themen arten in den Kommentarspalten zu existenzbedrohenden Tiraden aus und die kleinen Geschichten des Lebens wirken belanglos, wenn nicht eine moralapostolisch hochwertige Lektion daraus gezogen werden kann. Doch fürchtet nicht, denn all dessen nimmt sich nun Kommando Kant aus Norddeutschland auf ihrem neuen Album «Eklat» an.
Die Band, die bereits ihr zehnjähriges Jubiläum feiert, musste sich lange mit artverwandten Gruppen wie Tocotronic, Turbostaat oder Muff Potter vergleichen lassen. Doch dienen diese auf Album Nummer drei lediglich noch als Inspiration, denn Kommando Kant lösen sich auf «Eklat» musikalisch immer weiter von diesen Vorbildern ab. Der Opener «Streuner» und das grossartige «Das Theater» gefallen augenblicklich mit coolen Gitarren, kreativen Melodien und einer wunderbar eingängigen Stimme. Beide Songs ziehen gut nach vorne und wirken gleichzeitig melancholisch und nachdenklich.
Es wird aber lange nicht nur drauflos gedroschen, vermehrt lassen Kommando Kant auch Ruhe und Gelassenheit in ihren Songs zu. «Eule» ist ein gemächlicher Mid-Tempo-Song, der etwas an The Menzingers erinnert, «Auf Sendung» kommt gar ganz akustisch aus und überzeugt mit Gespür für bekömmliche, düstere Melodien. Den Spagat zwischen ruhig und aufmüpfig kriegt das geniale «Emotional Verkatert» am besten hin, dazu begeistert der Text erst recht: «Ich werde nie krank, bin dafür dauernd erschöpft. […] Ich bin emotional verkatert, doch ich glaube daran, dass es weitergeht.» Perfekt!
Mit dem Albumtitel möchte man meinen, dass die Songs vor allem geo- und sozialpolitisch weitreichende Themen behandeln. Eklats gibt es überall auf der Welt zuhauf, doch Kommando Kant haben wohlweislich bemerkt, dass darüber ja schon genügend gesungen wird. Die eigenen Sorgen und Probleme werden nämlich nicht weniger, wenn man immer nur nach aussen schaut. Umso mehr stehen somit Themen wie Entfremdung, Einsamkeit, Aussenseitertum und Mental Health im Zentrum.
Kommando Kant haben auf «Eklat» ihren eigenen Platz in der deutschen Musikwelt gefunden. Musikalisch gereift und gewachsen, textlich so stark und ausdrucksvoll wie noch nie – ich müsste mich stark täuschen, wenn die Gruppe nicht bald selbst Vorbildfunktionen für die nächste Generation einnehmen wird. Clever, einfühlsam, emotional und ehrlich, dazu sehr talentiert und mutig genug, ihr eigenes Ding durchzuziehen. Davon könnte sich noch manche Band eine Scheibe abschneiden.