Band: In Extremo
Album: Kunstraub
Label/Vertrieb: Universal
Veröffentlichung: 27. September 2013
Website: inextremo.de
Geschrieben von: Dennis Bäsecke-Beltrametti
Der Neuling in der In Extremo-Diskographie hört auf den Namen „Kunstraub“. Das Septett präsentiert sich in zu erwartender Klang-Robe; fröhliche Sackpfeifen-Schlenker tanzen Hand in Hand mit strudel-ähnlich scharfen Halbton-Riffs zu den Hymnenhaften Melodien und griffigen Texten.
Auffällig an dem neuen Silberling scheinen die Details. Kleine synthetische Eingriffe verleihen dem Liederzyklus kraftvollen Fluss. So werden kleine Breaks im Opener „Der Die Sonne Schlafen Schickt“ oder dem augenzwinkernden Titeltrack „Kunstraub“ in technisch glänzende Glissandi gegossen. Auch der Einstieg in „Gaukler“ über einen rückwärts abgespielten Klang mag zwar als unscheinbarer Moment am Ohr vorbei ziehen. Aber die Summe dieser Momente ist es schliesslich, die dem Album Schlagkraft verleihen.
Viel wichtiger sind natürlich die wie erwähnt melodisch geschickt gestalteten Refrains. Im Komplex 457 in Zürich konnte man unlängst erleben, dass diese Songs jetzt schon wie alte Gassenhauer funktionieren. Die Gefahr bei solch grossen Refrain-Bögen ist meist die ungewollte Nähe zur Schlagerseligkeit. Da fällt tatsächlich auf, dass In Extremo an einigen Ecken des Albums diesbezüglich ins Taumeln Gerät. Und zwar genau da, wo der zähnefletschende Kontrast des Metal-Sounds einer versöhnlicheren Gitarren-Arbeit weicht. So zum Beispiel in „Wege Ohne Namen“ oder „Alles Schon Gesehen“, wo auch der Text etwas altklug daher kommt. Meistens jedoch rattert und knattert es ordentlich im Räderwerk der Band. Mit anderen Worten: Der meist sehr geradlinig raue Gestus der Songs tut ihnen gut.
„Doof“ ist beispielsweise von gnadenloser Schärfe, und würde der Gesang eine Oktave tiefer stattfinden, gäbe es gar eine gewisse Rammstein-Nähe. Die Mischung machts; so paaren sich in der Feuertaufe weitgreifende melodische Ausschweifungen der Dudelsäcke mit Mitsing-Provokationen im rauen Kneipenton zum unwiderstehlich unverkennbaren In Extremo-Sound. Auch die ausgelassen fröhlichen Feiermomente sind auf diesem Album wieder vertreten, wie das kokette „Belladonna“ beweist.
Ein melancholisches Highlight der Platte ist die Ballade „Gaukler“. Hier beweinen die Spielleute die aussterbende Schwesterzunft in herzerwärmender Ehrlichkeit. Die Szenerie eines vereinsamten Jahrmarktes mündet in eine träumerische Melodie und in ein schmerzvolles Seufzen von Michael Robert Rhein. Auch hier verzichtet man nicht auf den wichtigen Kontrast verzerrter Staccato-Trauben der Gitarre und verhindert den Kitsch. Am Ende steht die Licht spendende Zeile „Es tut so gut, wenn ich Dein Lachen wieder seh!“
Genau so gut tut es, In Extremo wieder zu hören. In alter Frische liefern sie hier ein Dutzend neuer Songs in ihrer typischen Klangsprache, die sich mit Sicherheit auf den Brettern beweisen werden, die die Welt bedeuten. Das Rad erfinden sie nicht neu; aber das gibt es ja auch schon.
Tracklist:
1. Der Die Sonne Schlafen Schickt
2. Wege Ohne Namen
3. Lebemann
4. Himmel Und Hölle
5. Gaukler
6. Kunstraub
7. Feuertaufe
8. Du Und Ich
9. Doof
10. Alles Schon Gesehen
11. Belladonna
12. Die Beute
Bandmitglieder:
Michael Robert Rhein – Gesang und mehr
Sebastian Oliver Lange – Gitarre und mehr
Kay Lutter – Bass und mehr
Florian Speckardt – Schlagzeug und mehr
André Strugala – Marktsackpfeife und mehr
Marco Ernst-Felix Zorzytzky – Marktsackpfeife und mehr
Boris Pfeiffer – Marktsackpfeife und mehr
Gründung:
1997