Rookie Records / VÖ: 23. Februar 2024 / Punk, Post-Punk
illegalefarben.de
Text: David Spring
Ein Fiasko ist gemäss Duden ein grosser Misserfolg oder ein Reinfall. Ein solcher Ausdruck als Album-Titel zu verwenden, ist also mutig. Zum Glück aber bezieht sich dieses glücklose Wort im Falle von «Monte Fiasko», der neuen Platte von Illegale Farben aus Köln, viel mehr auf die besungenen Allerweltsthemen als etwa auf die Qualität der Musik. Frohgemut ist diese zwar mitnichten, doch meilenweit von einem Reinfall entfernt, keine Sorge.
Der Opener «Es liegt etwas in der Luft» legt stürmisch und nostalgisch los. Illegale Farben spielen mal treibenden, mal zaghaften Post-Punk, der an Musik vergangener Tage erinnert – und dabei aktuelle Themen besingt. Den Songs haftet etwas Schweres und Melancholisches an, zum Beispiel das verzweifelte «Immer November», das eine gar blaue Stimmung verbreitet. «Möwen» wiederum, eine nachdenkliche Ode an die Nacht, wird durch die melodiöse Stimme von Locas In Love Sängerin Stefanie Schrank und einer flehenden Trompete wunderschön vollendet. Dabei breitet sich dieses wohlige Gefühl aus, das man vielleicht kennt, wenn man gedankenverloren aus dem Fenster blickt, die Welt an sich vorbeiziehen sieht – und sich abgetrennt und entfremdet fühlt.
Doch gelegentlich wissen Illegale Farben auch, wie man aufdreht. «Stadt der Ratten» oder das geniale, von quietschenden Trompeten und prolligen Chören untermalte «Geisterbahn», sind unruhig, dringlich und erbarmungslos. Am weitesten ausschlagend ist wohl die brachiale Vorabsingle «Gefühle», die in bester Dead-Kennedys-Manier verquer und aggressiv aus den Boxen drischt, bevor der simple, aber fulminante Refrain die Erlösung bringt. Der Song bringt uns zudem ein gar grossartiges Feature mit The Baboon Show Sängerin Cecilia Boström, die dem Ganzen die Krone aufsetzt, wenn sie voller Inbrunst «scheiss Gefühle, fucking feelings» ins Mikro brüllt. Fantastisch. Trotz dieser Ausbrüche ist der Grundton der Platte melancholisch und resigniert, wobei genau diese Abwechslung und Gefühlsbandbreite die Sache spannend machen.
Der Albumtitel passt hervorragend, denn die Songs auf «Monte Fiasko» fangen ein, wie man sich in der heutigen komplizierten, entmenschlichten und verwirrenden Welt fühlen kann. Themen wie Selbstzweifel, Entfremdung, Einsamkeit und Resignation sind zentral und sprechen davon, wie das Experiment «Mensch und Gesellschaft» tatsächlich immer mehr misslingt und aus den Fugen gerät. Illegale Farben haben hier ein vorzüglich kreatives Werk geschaffen, das die Gefühle mehrerer Generationen vereint und dabei ultimativ menschlicher ist, als all die Sozialen Medien, die uns angeblich zusammenbringen sollen. Beide Daumen hoch dafür.