Space Circle Music + Pelagic Records / VÖ: 26. Januar 2024 / Shoegaze, Post-Punk
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Text: David Spring
Wer in den letzten paar Jahren die chinesische TV-Hitshow «The Big Band» mitverfolgt hat – und wer hat das bitte nicht getan – wird sich zweifellos an den Namen Fazi erinnern. Diese faszinierende Shoegaze/Post-Rock Band aus Xi’an aus der Mitte Chinas hat an diesem Talentwettbewerb mitgemacht und damit einiges an Glaubwürdigkeitseinbussen und Sell-out-Rufe in Kauf genommen. Die vier Jungs liessen sich von all dem Rubel und Trubel nicht beirren und legten mit «Folding Story» dafür eine neue Platte auf, die nun endlich auch bei uns erscheint.
Die Musik von Fazi ist inspiriert vom Leben und den Tod. Passenderweise beginnt der Opener «Invisible Water» mit atmosphärischem Meeresrauschen und nistet sich gemächlich in unseren Köpfen ein. Sanfte, ja, schüchterne Synthesizer und unauffällige Instrumentierung untermalen den gefühlvollen Gesang von Mastermind Peng Liu und man fühlt sich sofort im Herzen berührt. «Eye In The Sky» dreht die Intensität dann etwas nach oben und erinnert mit knackigen Basslauf und ziehenden Drums an Bands wie Pulp oder Death Cab For Cutie. An Abwechslung und Balance mangelt es niemals, mal wird nach vorne gezogen, dann wieder werden die Klänge im Raum hängengelassen, um ihre volle Wirkung zu entfalten.
Die Songs auf «Folding Story» werden oft von Spoken-Word-Passagen oder Film-Ausschnitten ein- und ausgeleitet, was dem Album einen faszinierenden Fluss und eine spannende Dramaturgie verleiht. Dass dies funktioniert, ist beeindruckend, denn sämtliche Texte, ob gesungen oder gesprochen, werden komplett in der heimischen Sprache der Band vorgetragen. Den Inhalten zu folgen, ist also nicht ganz einfach. Das Quasi-Konzeptalbum handelt von der Geburt, vom Leben und vom Tod – und erzählt die verschiedenen Phasen, die man von der Zeit in der Gebärmutter bis hin zum ewigen Ende durchläuft. Fazi gelingt es dabei, dass ihre Musik selbst ohne textliches Verständnis funktioniert, denn die Emotionen des Lebens sind auch so merklich spürbar.
Der erste Teil der Platte ist ruhig und balladesk, doch im Verlauf der Platte drehen Fazi mehr und mehr auf. «Body / Mind / Soul» ist vergnügt und baut sich zu einem beinahe psychedelischen Crescendo auf. «Vigil» ist ruppig und rau, cineastisch und leicht verstörend. «Died In The Wind» ist astreiner Stoner/Psychedelic Rock, der abdriftet, experimentiert und schlussendlich faszinierend gut abrockt. Und das finale «Way To Atman» fasst die Platte perfekt zusammen, verträumt, verworren – und ein kleines Bisschen verrückt.
Fazi manifestieren sich als faszinierende Band, die sowohl Genre- wie auch Landesgrenzen zu durchbrechen vermag. Es ist Musik, auf die man sich etwas einlassen muss, die aber umso reicher belohnt. Es werden Emotionen freigesetzt, man fühlt mit und kann sich dank der für die meisten wohl unverständlichen Texte komplett den Melodien hingeben. Darum sollte man Fazi auf jeden Fall einmal gehört haben, damit es beim nächsten Album dann auch gleich für eine Talentshow in unseren Breitengraden reicht.