Band: Faber
Album: Sei ein Faber im Wind
Genre: Folk
Label/Vertrieb: Universal
Vö: 7. Juli 2017
Webseite: fabersingt.com
So abstrus das Albumcover, so irrig- ungeordnet die Musik von Faber. Die Texte so verflucht dreckig und ebenso kratzig wie seine Stimme, schrammt der Italozürcher ständig an den Grenzen zum schlechten Geschmack. Da wird gefickt, geblasen und Nutten sind die schuldigen Arschlöcher der kaputten Gesellschaft. Das ist Faber. Frei Schnauze und abgrundtief bittersüss erklärt der Wortakrobat mit nichts einfach alles und versohlt dem ordentlichen Kleinbürgertum mit einem heftigen Tritt nach dem anderen musikalisch den Arsch. Seine Helden – die Randständigen, die Verlierer der Moderne, denen er mit Umwälzungen gewohnter Sprichwörter die Krone der Allmächtigkeit aufsetzt. „Wem du’s heute kannst besorgen“ und „Bleib dir nicht treu“ sind Hymnen an den stoischen Egoismus. Leck mich doch dort, wo die Sonne niemals hinscheint – LEBEN! Damit lässt’s sich wohlig in der langweiligen Einheitssuppe der immergleichen Alltagstragödien proseccoschwingender Vorstadtbiedrigkeiten dahinsiechen.
Schon fast widersprüchlich wird der rebellische Sprechgesang von schönsten Posaunenzügen und Klavierklängen begleitet. Geigen und Gitarren gesellen sich dazu. Ein Orchester könnte ihm nicht gerecht werden und würde wohl auch gleichgültig wortgewandt überrollt. Musikalisch grast Faber alle Himmelsrichtungen ab. Da sind jazzige Momente, die sich mit russischer Rassigkeit im Polka verbinden bis hin zu südländischen Akzenten. Amerikanischer Swing funkt dazwischen und auch rockige Töne fehlen nicht. Praktisch jeder Song bedient einem anderen Genre die Plattform, den ganzen Mist zu begleiten. Wer jetzt noch weiss, dass dies alles aus der Kehle und Feder eines 23-jährigen stammt, der staunt. Aber was sollen diese Klischees, verdammt! Verbitterte graue, alte Seelen können schliesslich auch in einer jungen Hülle ihr elendes Dasein fristen.
Wem dies alles jetzt schon die Schamesröte ins Gesicht getrieben hat, gehört wohl zu der Perfekt-gepflegter-Rasen-Gilde und hat sich in der Webseite geirrt. Nein, mein Lieber, hier bist du nicht auf dickegeiletittenimgesicht.com. Vielleicht bist du aber auch einer der unerhört Getretenen, die sich hier wiedererkennen. Zweitgenannte Hochkaräter hören sich also erst mal „Alles Gute“ an und gönnen sich danach „Nichts“. Entweder ist dann Schluss, oder aber es entsteht eine heftige Abhängigkeit nach diesem Derberismus. Faber, die neue Art Chansonnier, der zwar nicht gesucht, aber dennoch gefunden wurde. Alles Gute, Junge. Vermutlich, Alter, ist es dir scheissegal, aber Chapeau für diesen Erstling.
Tracklist:
1. Ouverture
2. Wem du’s heute kannst besorgen
3. Nichts
4. Es könnte schöner sein
5. Lass mich nicht los
6. Bleib Dir nicht treu
7. Alles Gute
8. In Paris brennen Autos
9. Bratislava
10. Wer nicht schwimmen kann der taucht
11. Brüstebeinearschgesicht
12. So soll es sein
13. Sei ein Faber im Wind
Text: Sebastian Leiggener