PIAS / VÖ: 9. März 2018 / Wave, Rock
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Text: Michael Bohli
Sind Editors dem Fluch verfallen, den auch Coldplay nicht abwimmeln konnte? Denn was die Gruppe um den charismatischen Frontmann Tom Smith mit ihren ersten beiden Alben erschuf, ist auch heute noch faszinierend düsterer Indie-Rock – und dann kam die Elektronik. Die Band tauschte die Gitarren gegen Synthies und zog in die Wave-Disco ein. Nicht sofort, sondern schleichend und dann doch immer stärker am Pop orientiert. Nach einigen Unsicherheiten (welche auch das letzte Album „In Dream“ nicht ausbügeln konnte, sondern sich eher ideenlos zeigte) und Veränderungen in der Besetzung scheint nun aber alles gefestigt, „Violence“ ist da.
Doch leider muss gleich gesagt werden, dass Editors auch auf ihrem sechsten Album es nicht mehr geschafft haben, einen kohärenten Spannungsbogen zu kreieren. Man findet hart pochende Beats neben grossen Synthieflächen, Gitarren und sehnsüchtigen Gesang neben alles erhellendem Licht. All dies wird zu Songs vermengt, die zwischen Hit-Single und zerbrochenem Clubtrack pendeln – ohne sich wirklich entscheiden zu können. Klar, der Titelsong ist wunderbar tanzbar, „Magazine“ umgarnt mit einem bandtypischen Refrain und extremer Gestik und „Belong“ zeigt die Melancholie mit Druck. Doch nichts überzeugt vollends.
Viele Stücke wirken eher wie in einem Zufallsgenerator hergestellt, garniert mit allen geliebten Merkmalen der Editors. Im Gegensatz zum direkten Vorgänger weist „Violence“ aber doch Songs auf, die man sofort abfeiert: „Darkness At The Door“ zitiert frech die Simple Minds und landet tief in den Achtzigern, „Hallelujah (So Low)“ lässt alle Frequenzen übersteuern und ist reine Klanggewalt. Hier spürt man die immerwährende Anspannung, welche hinter dem Zucker und den zu hübschen Liedern lauert – doch leider wird alles gleich wieder in die Schranken verwiesen. „Violence“ ist somit eine Steigerung, zeigt aber auch, dass Editors zu gross für wagemutige Versuche geworden sind.