Sixteentimes Music / VÖ: 4. November 2022 / Doom, Psychedelic, Post-Rock
echolot.space
Text: Michael Bohli
Beim Betreiben eines Messgeräts für Wassertiefen ist Regelmässigkeit ein zentrales Element. Die wiederholenden Impulse informieren, wie ein Schiff über dem Grund navigieren sollte. Echolot, die Gruppe aus Basel, verlässt sich hingegen niemals bloss auf Repetition, trotz der Namensgebung. Ihre Mischung aus progressiven, psychedelischen und instrumentalen Rockklängen windet sich stets lustvoll um die Hörerschaft, mit jedem Album sprengt die Band das vorgängig eigens etablierte Soundbild trotzdem auf. «Curatio», das bereits vierte Werk des Trios, macht daraus keinen Hehl und liefert mit dem ersten Stück einen krachenden Einstieg, der die ungewohnte Härte und Wildheit von Metal ins musikalische Schaffen bringt.
Doom und Sludge durften bereits 2020 bei der Platte «Destrudo» mitmischen, die Gruppe um Gitarristen Lukas Fürer entdeckte vor zwei Jahren mit den drei damalig veröffentlichten Kompositionen eine neue Dynamik. «Burdens of Sorrows» setzt diese Gedankengänge 2022 fort und paart zehn Minuten lang die Emotionalität von Post-Rock mit Gesang und brachialem Riffing. Die bösen Geister vertreiben Echolot im Refrain mit lautem Geschrei und ungezähmten Schlagzeugspiel.
Nach den ausbruchartigen Momenten nehmen sich Renato Mateucci und Jonathan Schmidli an Bass und Schlagzeug gerne zurück, um Gitarre und Stimme den nötigen Raum für Kontemplation zu bieten. Diese Wechselwirkung wird durch spannende Ideen und improvisiert anmutenden Passagen gekrönt, «Countess of Ice» umkreist dieselbe Sonne wie Leech und ähnliche Gruppen, formt die Geschichte aus Noten und Synthesizer-Texturen, und stürzt sich danach in die Sonne.
Allgemein wirkt «Curatio» wie eine Reise durch selten besuchte Klangländereien, die von Echolot gebotene Unterteilung in vier Liedern wirkt nicht zwingend. Wer sich dem Album hingibt wird bemerken, dass die vierzig Minuten Rock als Gesamtheit dahinziehen. Die organische Produktion macht keinen Unterschied zwischen einzeln angeschlagenen Seiten und lautem Gepolter. Sogar das Black Metal-Gekeife und die Double-Bass-Schläge von «Wild Fire» sind eine logische Fortsetzung der vorangegangenen Kompositionen. Die wirbelnd eintretenden Harmonien verhindern dabei die komplette Zerstörung.
Seit 2014 sind Echolot aktiv und wurden in diesen acht Jahren nie müde, ihr Wirken immer wieder neu anzugehen. Beim mit «I» zurückhaltend betitelten ersten Album war der Jam- und Proberaumcharakter noch präsenter, bereits für die zweite Scheibe «Volva» nutzte das Trio einen grösseren Stilfächer und liess sich in den psychedelischen Wellen davontreiben. Was damals an Fokus fehlte, haben Echolot bei «Curatio» in der Vielfalt gefunden. Stürmische Winde und bebende Felsbrocken, alles wird in die Musik implementiert, dieses Rock-Amalgam ist Urkraft.
Die bei «Destrudo» betretenen Pfade werden weiterverfolgt, gemachte Erfahrungen von Echolot mit pointiertem Resultat zusammengebracht. Es rumpelt laut, die Musiker dürfen sich ab und zu in den Takten verlieren, radiotauglich sind die vier Lieder mit ihren langen Laufzeiten zwischen acht und elf Minuten eh nicht. Wer zu dieser Musik in den Rhein springt, erfährt eventuell eine heilende Wirkung. Lust auf mehr Gitarrensounds ist garantiert, egal ob mit Sonar, Funk oder eben, dem zuverlässigen Echolot.
Diese Rezension erschient zuerst beim Musikbüro Basel und wurde uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt.