Prophecy Records / VÖ: 11. März 2022 / Doomgaze
e-l-r.band
Text: Michael Bohli
Dieses verführerische Glimmen in der bedrohlichen Dunkelheit haftete der Gruppe E-L-R schon immer an, ab Platte oder auf der Bühne. Kultiviert mit einem stilgerechten Auftritt, wunderbaren Covermotiven und beeindruckenden Sounds, das neue Album «Vexier» macht damit keinen Abbruch. Der Doomgaze, wie die Musik der Gruppe oft umschrieben wird, ist ein Zauber in der Nacht, ein Donnergrollen mit verheissungsvollem Regenschauer. Was für mich 2019 mit dem Debüt «Mænad» noch auf mittlerer Distanz passierte, das ist jetzt intim und nah.
Erste Gitarrenklänge, Texturen, Sounds und Flächen, nach mehreren Minuten dann das Aufbrausen: «Opiate the Sun» ist ein langer und stimmungsvoller Track, der Post-Metal wird von E-L-R mit Zaubersprüchen belegt und die Natur in ihre donnernde Musik eingeladen. Das Album wächst ab da mit stimmlichen Einlagen, mit kompositorischen Überraschungen und satten Gitarrenwänden. Zu dritt wird, ohne in ein Extrem zu verfallen, der harten Musik gefrönt, alles wirkt in der gespielten Art nachvollziehbar und logisch. «Three Winds» ist der Orkan mit verspielten Figuren, verflochten und dramatisch, «Seeds» stapft schwer und beherrschend über die Landstriche.
Die grösste Überraschung gelingt E-L-R allerdings mit dem letzten Lied, dem ebenfalls zwölf Minuten andauernden «Forêt». Hier werden die Genre-Gewohnheiten aufgebrochen, die Gruppe erweitert den persönlichen Spielraum und garniert das Stück mit verwunschenen Textzeilen auf Mundart, dargeboten vom Berner Baze. Die Kehrseite des Vexierbildes, die beeindruckende Ergänzung, das berühmte Etwas. Man bettet sich mit den Klängen auf dem Moos, lässt die Sonne hinter den Bäumen versinken und wird eins mit der Nacht.