Autor: Dirk Bernemann
Titel: Ich hab die Unschuld kotzen sehen 4
Verlag: Unsichtbar
ISBN: 978-3-95791-069-1
Webseite: dirkbernemann.de
Endlich ist er wieder da: Dirk Bernemann. Nicht nur irgendwie und mit irgendwas, sondern mit Teil 4 seiner Bestsellerreihe. „Ich habe die Unschuld kotzen sehen“ ist wieder anders, wieder neu und doch gleich. Ein Krieg von früher mit den Waffen von heute – gegen die Feinde von immer. Des Autoren Bezeichnung seines vierten Streiches bezeichnet seinen vierten Streich ganz schön schön: „Es ist der Versuch, in all dem Schrecken Hoffnung zu finden. Es ähnelt zuweilen dem Bestreben, im Auge des Taifuns ein Schaf zu streicheln, um es zu beruhigen. Es gibt allerdings keine Ruhe, es gibt keine Sicherheit, nach diesem Buch erst recht nicht.“
In der Tat, denn wenn der umtriebige Autor mal keine Schafe streichelt, dann verelenden beispielsweise Vierbeiner:
„Autobahn, Laster brennt.
Verwirrt sind alle Schweine.
Ein Ferkel, das noch niemand kennt,
verglüht hier ganz alleine.“
Zwischendurch läuft einer seiner Protagonisten blutbesudelt wie behindert auf Strassen und durch Gassen. Und wenn keiner läuft, dann stockt oder schockt der Rollstuhl: „Es ist super ekelig, alles an ihr, ihr verschobenes Gesicht, ihre toten Augen, ihre Haltung, ihr Speichel, ihr Geruch, ihr Schreien, ihr Rollstuhl.“ Dirk Bernemann wäre aber nicht Dirk Bernemann, würde er auf Romantik verzichten: „Ihr Pancakeface kam erst seit zwei Wochen so richtig zur Geltung, seit sie sich die Haare auf drei Millimeter rasiert hatte. Ihr ansonsten gütiger Gesichtsausdruck verschwand zu Gunsten einer weltfremden, leicht aggressiven Dämonenfratze, über die ich wie ein dummer Hund über einen Knochen leckte und sie leckte freudig zurück.“
Wie in den drei Teilen zuvor glänzt der gebürtige Deutsche mit einer furiosen wie virtuosen Schreib- sowie Erzählweise. Dass viele verelenden und vieles verelendet, ist nicht beelendend, sondern unterhaltend (geschrieben): „Schimpansen, Giraffen, Nashörner, das einsame Pferde, sie alle ersoffen und selbst die Fische schafften es irgendwie zu ertrinken, ist ja schliesslich Apokalypse.“
Einziger Wermutstropfen: Mit 110 Seiten ist „Ich habe die Unschuld kotzen sehen“ viel zu kurz ausgefallen. Das Gute dabei: Dirk Bernemann liest sich am 3. November 2017 in der Oberen Mühle in Dübendorf bei Zürich die Zunge wund. Buch kaufen und hingehen oder hingehen und Buch kaufen!
Text: Cyril Schicker