Glitterhouse Records / VÖ: 20. April 2018 / Noise Rock, Alternative
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Text: Michael Bohli
„Erlaubt ist, was gefällt“, singt Julian Knoth – und so wirklich Spass scheint er daran nicht zu haben. Aber was erwartet man schon von Die Nerven, einer Gruppe, die gerne als schlechtgelaunte Rockband dargestellt wird. Entstanden als Noise-Duo, erweitert zum Trio mit mehr Fokus auf Ausformulierung und der Eroberung des deutschen Musikmarktes, jetzt also mit dem neusten Album „Fake“. Wobei der Inhalt dieser Scheibe das klare Gegenteil darstellt: Ehrliche, direkte und wahre Musik, Lo-Fi mit Post-Punk, Noise und Pop-Rock. Dazu gesellen sich Texte, welche persönliche Tiefen reflektieren und die Welt als gesamtheitliches System auseinandernehmen. Da darf es krachen.
Und spätestens mit „Frei“ wagen sich Die Nerven auch daran, gar keine Zügel mehr bereit zu halten. Es wird geschrien, der Lärm wird zentral, die Instrumente scheinen unter der Gewalt zusammenzubrechen. Das steht dem Trio wunderbar und verleiht dem Album eine solche Wucht, dass man sich nicht nur darin verliebt, sondern auch gleich Verletzungen davonträgt. Aber auch die Band selber steht 2018 nicht mehr so unversehrt da wie auch schon, liegen in den drei Jahren seit „Out“ doch Anstrengungen und Momente, die fast das Ende dieser Gruppe bedeutet hätte.
Glücklicherweise haben Die Nerven das alles überstanden und präsentieren uns mit „Fake“ nicht nur ein zeitgemässes, sondern auch verdammt gutes Werk. Einiges legt Gewicht auf die Melodie, anderes eignet sich zum Schunkeln („Roter Sand“), dann wieder landet man fast zwischen Kettcar und Element Of Crime („Explosionen“). Doch diese Musiker wissen auch immer, wie man sich eine eigene und leicht gefährliche Identität behält. Dass „Fake“ vieles vom Hörer abverlangt, geschenkt – denn es belohnt auch doppelt so oft.