Band: Dezperadoz
Album: Dead Man`s Hand
Label/Vertrieb: Drakkar
Veröffentlichung: 27. April 2012
Website: www.dezperadoz.de
Geschrieben von: Dennis Bäsecke
Ich bin kein Freund von Klischees. Schon beim Betrachten des Artworks von „Dead Man`s Hand“ war klar; die Dezperadoz marschieren mit wehenden Fahnen durch jedes Klischee, das ihnen am Wegesrand begegnet. Dementsprechend skeptisch lauschte ich den Klängen, die mich auf dem Album erwarteten. Begrüsst wird der Hörer mit „Deadwood“, einer cinematischen Einleitung, im Stile von Ennio Morricone. Eine Western-Gitarre, eine gepfiffene Melodie, die später vom Orchester und, parallel zum „Original“, einer Frauenstimme fortgeführt wird. Man muss weder auf zirpende Grillen und Schuss-Samples, noch auf die obligatorische Schicksals-Röhrenglocke verzichten. Beim ersten Hören, war das eindeutig eine Überdosis für mich.
Im folgenden „Under The Gun“ geht es dann zur Sache: Die Band nimmt Fahrt auf und liefert soliden Hard-Rock, der nach Whiskey und Wüstensand schmeckt. Erdige Riffs und rauchiger Gesang verbinden sich mit Blues-Klängen und einem treibenden Schlagzeug. Das ganze wird gekrönt von kreischenden Gitarren-Soli. Nach dem Motto „Yippie ya yeah! More than one good reason“ geht es in diesem Stil weiter.
„Badlands“ lässt mich zum ersten Mal richtig aufhorchen. Neben dem wuchtigen Groove waren vor allem die Schräge Banjo-Figur, die Sitar (!) und das ausgewogene Verhältnis zwischen melodischen Bögen und Härte dafür verantwortlich. Hier öffnet sich eine neue Dimension in der Musik.
In „Bullet With My Name“ verdichten den sich die Waffengeräusche zu einem Beat. Unwillkürlich muss ich an „Money“ von Pink Floyd denken. Nun ist feinstes Country-Flair mit Maultrommel und Slide-Gitarren zu hören. Der Song wird mit der „verkratzten“ Aufnahme einer New Orleans-Kapelle abgeschlossen. Zu diesem Zeitpunkt ist mein innerer Widerstand gegen die Klischees schon fast gänzlich gebrochen. Ich beginne mich in dem Saloon wohlzufühlen, in den mich die Dezperadoz entführt haben. Die Band macht einem ihre Welt wirklich nach allen Regeln der Kunst schmackhaft. So geniesse ich die „From-Dusk-Till-Dawn-Atmosphere“ der folgenden Tracks.
Handfester Metal wechselt sich mit feuchtfröhlichem Country ab, ohne dass der CD ein Gesamtbogen abhanden käme. Bei „Saloon No. 10“ schiesst ein „Wow“ auf meinen Notizzettel, bevor ich mich versehe. Die erste Minute des Songs steckt die stilistische Bandbreite von Saloon-Klavier über Western-Soundtracks bis zu einem Riff, das aus einem Rammstein-Song gekrochen sein könnte, ab. Ausserdem muss ich an dieser Stelle festhalten, dass die Dezperadoz wirklich gute Melodien für ihre Refrains schreiben.
Das kommt vor allem in den beiden hochkarätigen Balladen „Train Of Souls“ und „My Gun And Me“ zum Tragen. Beides sind herrlich melancholische Ohrwürmer. Besonders raffiniert ist der Refrain von „Train Of Souls“ gebaut: Hier sind jeweils der erste und der letzte Takt 3er statt 4er, wie die übrigen. Diese Unregelmässigkeit tut dem Fluss der Musik sehr gut und lässt sie trotz des geringen Tempos nach vorne drängen. Man wird praktisch an den formalen Nahtstellen unerwartet früh in den nächsten Takt geschubst. Das gefällt mir.
„Wild Horses“ ist ein meditatives Gitarrenstück über einem Streicherteppich. Ganz am Schluss noch eine völlig neue Facette der Band. Beachtung verdient auch die vielseitige Begabung von Alex Kraft, der neben Lead-Gesang, Gitarren und der Komposition der Songs auch eine Unmenge von anderen Instrumenten eingespielt hat und nicht zuletzt für die Orchester-Arrangements verantwortlich war.
Ich gratuliere den Dezperadoz zu einem sehr gelungenen Album, das sich sicher auch nach dem nächsten Satzzeichen noch in meinem CD-Player drehen wird.
Tracklist:
1. Deadwood
2. Under the gun
3. Yippie ya yeah! “More than one good reason”
4. Badlands
5. Bullet with my name
6. Just like cowboyzz do
7. Last man standing
8. My ol` Rebel heart
9. Saloon no 10
10. Dead man`s hand
11. Showdown
12. Train of souls
13. Wild horses
14. My gun and me (Southern pride version)
Bandmitglieder:
Alex Kraft – Gitarre, Gesang (und vieles mehr)
Nils Stuerzer – Gitarre
Alex Weigand – Bass
Markus Kullmann – Schlagzeug
Gründung:
2000