Columbia / VÖ: 24. März 2023 / Electro, Synthie Pop
depechemode.com
Text: Anna Wirz
Es beginnt düster: verzerrte Synthesizer-Töne, die tiefe Stimme Dave Gahans. Wir begegnen den Drum Machines der 80er Jahre, machen einen Ausflug in den Post-Punk und landen am Ende im Weltall, losgelöst von allem Irdischen.
«Memento Mori» heisst das neue Werk von Depeche Mode, «gedenke des Todes». Eine Reise in die Vergangenheit, eine Reise ins Innere, eine Hommage an Gründungsmitglied Andrew Fletcher, der im Mai 2022 plötzlich starb. Das Duo um Martin Gore und Dave Gahan hat weitergemacht und den Titel richtungweisend für die Songtexte werden lassen: «There’s only so much time / We have to play with» etwa heisst es einmal, an anderer Stelle «I heard you call my name / Lying, on the bathroom floor».
Beim ersten Durchhören des Albums macht sich zunächst Enttäuschung breit. Eingängige Welthits schreiben Depeche Mode nicht mehr und manche der Lieder sind sperrig und wenig überzeugend. Der Album-Einstieg «My Cosmos Is Mine» ist zum Beispiel mehr Sound-Fragment als Song. Doch nach mehrmaligem Hören erschliessen sich die Melodien stetig mehr. Man spürt die Sehnsucht in «Don’t Say You Love Me» und die Erlösung in «Before We Drown». «Ghosts Again» ist Depeche Mode im 80er-Jahre Gewand, «My Favourite Stranger» eine Post-Punk-Perle mit hypnotischem Charakter.
Die Mitte des Albums ist zum Gähnen («Soul With Me», «Caroline’s Monkey»), die zweite Hälfte dafür umso erfreulicher. «People Are Good» und «Never Let Me Go» spielen auf frühere Depeche Mode-Songtitel an, bunte Refrains retten repetitive Verse. Die Produktion von James Ford und Marta Salogni glänzt und funkelt. Man wünscht sich hin und wieder mehr Pep und härtere Beats – wie hätte wohl jemand wie Trent Reznor die Songs umgesetzt? Nichtsdestotrotz, Depeche Mode klingen elektronisch wie schon lange nicht mehr; das gefällt.
Grosses Kino zum Abschluss: «Never Let Me Go» erinnert an die exzellente B-Seite «Better Days» und «Speak To Me» liefert mit expansiven Synthie-Soundflächen und schleppendem Techno den atmosphärischen Soundtrack zu einem Science-Fiction-Film. Und so schliesst sich plötzlich der Kreis: das Sound-Fragment am Anfang stellt sich als logisches Gegenstück zum Ende heraus. Es begann düster, es endet düster. So muss es sein bei Depeche Mode.