Attacke Records / VÖ: 9. Mai 2025 / Punk
deinecousine.de
Text: Peter Burckhardt
Vermutlich bin ich nicht der naheliegendste Kandidat, um über „Freaks“, das neue Album von Ina Bredehorn – besser bekannt als Deine Cousine – zu schreiben. Meine Kenntnisse der deutschsprachigen Musikszene reichen ungefähr von Die Ärzte bis … Die Ärzte. Eigentlich hatte ich mir auch vorgenommen, mich mehr auf die Schweizer Musikszene zu konzentrieren. Aber wie das Leben eben so spielt: Vor ein paar Wochen wurde mir der Song „Attacke“ empfohlen – und der hat mich sofort gepackt. Eingängig, kraftvoller Text, rohe Energie – der Track landete direkt auf meiner Lieblingssongs-Playlist. Kurz darauf stolperte ich über eine Anfrage zur Rezension von „Freaks“, das am 9. Mai erscheint. Danke, liebes Universum – Challenge accepted.
Der Opener „Allez, allez„ ist gewissermassen das neue „Attacke“ – mit einem entscheidenden Twist: Auffällig sind die elektronischen Elemente, die man, soweit ich weiss, von Deine Cousine bisher kaum kannte. Auch der zweite Song „Go fuck yourself“ setzt auf Synthesizer und einen tanzbaren Beat. Mir persönlich gefällt dieser Mix aus Pop-Punk und Elektronik sehr – modern, druckvoll und dabei stets textlich auf den Punkt. Erst mit dem fünften Track „Disclaymer“ rückt der Punk wieder stärker in den Vordergrund, während die Synths sich dezent zurücknehmen.
Die Refrains auf „Freaks“ sind durchweg eingängig und bieten reichlich Singalong-Potenzial, was live richtig gut funktionieren dürfte. Für meinen persönlichen Geschmack jedoch fehlen manchen Songs stellenweise die Ecken und Kanten, die sie auch abseits der Bühne dauerhaft spannend halten würden. Doch kaum ist dieser Gedanke da, wirbelt ihn „1986 (Oh, là, là)“ auch schon wieder durcheinander – ein kreativer Track mit perfektem Kopfnick-Tempo, der die Tür zurück zum Old-School-Punk öffnet.
„Familie sucht man sich aus“ treibt den elektronischen Anteil auf die Spitze, bevor „Kein Disneyland“ und „180 Grad“ stilistisch wieder mehr zum gewohnten Deine Cousine-Sound zurückkehren. Den Abschluss macht „So jung und so dumm„ – folkig, voller Sehnsucht und mit einer bierseeligen Stimmung. Herrlich.
Wie gesagt, ich bin kein eingefleischter Deutschpunk-Fan – oft klingt mir vieles zu ähnlich, zu vorhersehbar. Und ja, auch bei „Freaks“ stellt sich dieses Gefühl ein. Doch dann überrascht das Album mit seinem Facettenreichtum: Zwischen treibenden Punk-Hymnen, tanzbaren Pop und Elektro-Ausflügen, melancholischen Balladen und folkigen Zwischentönen entsteht eine spannende Mischung, die definitiv aus dem Rahmen fällt.
Was mich besonders überzeugen konnte und Deine Cousine einzigartig macht, sind die starken Texte – direkt, ehrlich, klug formuliert und oft mit einer ordentlichen Portion Haltung. Auch wenn mich nicht jeder Track vollends abgeholt hat, zeigt „Freaks“, dass Deine Cousine nicht nur laut, sondern auch vielseitig ist. Für mich ein Album mit ganz viel Persönlichkeit.
![]() |
![]() |
![]() |