Band: Dead Can Dance
Album: Anastasis
Label/Vertrieb: Pias
Veröffentlichung: 10. August 2012
Website: deadcandance.com
Geschrieben von: Dennis Bäsecke
Mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Vorfreude lege ich den Silberling ein. „Anastasis“ – Das erste Studio-Album von Dead Can Dance seit 16 Jahren! Schon das Cover ist gelungen. In seiner bescheidenen Einfachheit zurückhaltend und doch ausdrucksstark.
Zunächst werden einige synthetische Akkorde hin und her geschoben. Vorsichtig schmiegt sich ein leichtfüssiger Beat an das Klangba(n)d an und Streicher setzen ein. Die „Children Of The Sun“ breiten ihre Schwingen aus und es entsteht eine düstere und östlich angehauchte Tonlandschaft. Die Dead Can Dance-Atmosphäre ist zurück. Auch Brendan Perry’s Stimme klingt, wie gewohnt: eindringlich und weich zugleich.
Ebenfalls in stimmlicher Hochform ist Lisa Gerrard, wie sie in „Anabasis“ beweist, das direkt aus 1001 Nacht zu kommen scheint. „Agape“ verbindet einen unwiderstehlichen Groove mit koketten melodischen Phrasen zu einem beschwörerischen und gleichzeitig tänzerischen Klangstrudel.
Ein echtes Juwel legen Dead Can Dance mit „Amnesia“ vor: Das repitierte eingestrichene Bb, um das sich das ganze Stück herum rankt und das sich mit dem Einsatz des gross produzierten Schlagzeuges als offbeatig entpuppt, zieht sich ohne Pause ganze fünfeinhalb Minuten durch das Stück, wie ein stetes Tropfen, das den „Stein hölt“. Die Technik, wie hier aber auch in anderen Songs des Albums mit ostinaten Figuren und Motiven umgegangen wird und die sicher keiner west-europäischen Musiktradition entspringt, zeigt, dass die Auseinandersetzung mit „fremden“ Kulturen hier tiefer geht und mehr beinhaltet, als bei vielen anderen Bands. Da endet sie oft schon mit dem Umschnallen ein paar folkloristischer Instrumente. Brendan Perry’s Stimme erhebt sich in einer ausdrucksvollen kleinen Sexte zum Refrain. Wie ein menschliches Cello und nach fast drei Minuten setzen zum ersten mal die Posaunen mit einem Bass-Bb ein, das wirklich markerschütternd ist. Wie die Posaunen von Jericho. Abgründe tun sich auf.
Auch „Opium“ durchbricht den rauschhaften Fluss des Albums selbstverständlich nicht; Im 6/8-Takt schweift der Song durch streichervernebelte Landstriche und erfindet mit dem abgewandelten fallenden Tetrachord des Basses, Steel-Drums und Gongs zwar nicht das Rad neu, lässt aber das eigene Profil erkennen.
In schwindelerregende Sphären entführen dann die Pendelbewegungen des Chores und die gesanglichen Verschiebungen in „Return Of The She-King“. Hier gerät der Tonfall im Verlauf des Songs mit seinen zu geraden Streicher-Melodien, mit seinen zu perfekten Harmonien fast zu kosmischer Seligkeit an der Grenze zur eindimensionalen „Snoozle-Musik“. Das Album schliesst mit „All In Good Time“, das wieder mehrschichtiger auftritt sehr zurückhaltend ist und Braendan Perry erneut in aller Kraft zu Wort kommen lässt. Hier schimmert der Dead Can Dance-Sound in allen Facetten und setzt der Lieder-Sammlung ein offenes Ende.
Das ganze Album scheint sich wie in Trance zu einem kosmischen Puls zu winden. Eine Menge musikalischen „Räucherwerkes“ wird dabei entzündet. Es schwingt also viel Esoterisches mit. Wer sich daran nicht stört, kann sich „Anastasis“ mit gutem Gewissen nähern.
Tracklist:
1. Children Of The Sun
2. Anabasis
3. Agape
4. Amnesia
5. Kiko
6. Opium
7. Return Of The She-King
8. All In Good Time
Bandmitglieder:
Lisa Gerrard – Gesang, Musik
Brendan Perry – Gesang, MusikGitarre
Gründung:
1981