muve on! / VÖ: 23. Februar 2018 / Synthie Pop, Wave
crimer.ch
Text: Michael Bohli
Der liebe CRIMER spürt seit einem Jahr so viel Aufwind, dass er auf dem Cover seines ersten Albums gleich ohne fliegenden Teppich durch den blauen Himmel segelt. Dass sich der Hintergrund dabei so kitschig gibt wie alle weiteren Achtzigerzitate, überrascht nicht. Erstaunlich ist hingegen, wie lange die Schweiz gebraucht hat, um einen eigensinnigen Synthie-Retro-Star aufweisen zu können – und wie stark die heutige Generation lieber im weichgezeichneten Bild der Vergangenheit als der klaren Gegenwart verweilt. Und deren Leute ist „Leave Me Baby“ eine Bibel.
Mit jedem Lied werden hier die grossen Synthiemelodien, der Zuckerguss und die Extrovertiertheit in Pop und Wave neu geboren und in keiner Sekunde zurückgehalten (siehe als internationaler Vergleich Hurts). Bekannte und geliebte Tracks wie „Brotherlove“ oder „Badface“ dürfen noch einmal in neuem Rahmen bejubelt werden und CRIMER tanzt mit uns durch neue Kracher. Dass sein Gesang dabei genauso wenig im Zaum gehalten wird wie die Plattitüden bei den Texten oder die Halleffekte: geschenkt. Viel eher macht man sich etwas Sorgen um den langfristigen Genuss.
„Leave Me Baby“ ist nämlich ein Album, das immer auf die Zwölf haut, und CRIMER transportiert sein optisches Auftreten geschickt in die nach Aufmerksamkeit gierenden Riffs und Beats. Ob „Bad Wishing“ oder „The Fortress“, das Spiel mit den Zitaten und grossen Vorbildern kann wunderbar gelingen – sättigt aber leider auch etwas. Alle, die sich in die Zeiten des Plastik-Pop zurückwünschen, werden hier aber vollends auf ihre Kosten kommen und willig den Gipfel der Retroromantik besteigen.