Galiani Berlin / ISBN: 978-3-86971-234-5
Text: Cornelia Hüsser
Erwin, H. R. Ledigt, P. Immel, Karl Schmidt, Chrissie, Kerstin: Wem bei diesen Namen gerade ein Glöcklein im mentalen Bibliotheksarchiv klingelt, der darf sich auf ein Wiedersehen freuen. Ihr ahnt es, ihr ahnt es: Sven Regener serviert Nachschlag.
«Glitterschnitter» heisst sein neuer Roman und knüpft zeitlich unmittelbar an die «Wiener Strasse» an. Wir erinnern uns: Da drehte sich noch alles um Kunst. Alle machten Kunst, alles war Kunst, insbesondere das, was die Typen aus der ArschArt-Galerie fabrizierten. Im mittlerweile fünften Band der Reihe wird der Blick nun aber auf die Musik gerichtet. Auf Ferdi, Raimund und Karl Schmidt, um genau zu sein. Glitterschnitter nennt sich die Band und bietet, unter Zuhilfenahme einer Bohrmaschine, Noise-Rock dar (so zumindest die Interpretation der Autorin). Sie hoffen jedenfalls, auf der Wall City Noise auftreten zu dürfen und dort den grossen Durchbruch zu schaffen. Dass das nicht ganz einfach ist, versteht sich von selbst, hauptsächlich, weil die drei recht derangierte Verstände haben.
Die Rahmenhandlung vollzieht sich in der Wohnung über dem Café Einfall – wo gerade eine Ikea-Fertigwohnung installiert wird – und selbstverständlich im Café Einfall selbst. Einmal mehr dürfen wir hier also Frank Lehmann beistehen, wenn er Bierflaschen über den Tresen schiebt, tiefschürfende Gespräche führt und neuerdings auch Milch aufschäumen soll. (Schafft er natürlich; weiterhin scheint er der einzige zu sein, der sein Leben im Griff hat.)
In gewohnter Regener-Manier kommt die Geschichte stark dialoggetrieben daher. Sie steckt voller Situationskomik, die Figuren sind skurril und verpeilt, aber äusserst sympathisch. Das alles macht «Glitterschnitter» zu einem unterhaltsamen und kurzweiligen Roman. Verfolgt man die Geschichte von Frank Lehmann schon seit ihrem Beginn, kommt allerdings kaum umhin, so langsam einen gewissen Überdruss zu verspüren: Mit wahnsinnig vielen Worten wird wahnsinnig wenig Handlung dargelegt. Es schleicht sich das Gefühl ein, das alles schon einmal gelesen zu haben. Und das stimmt auch.
Bleibt also die Frage, ob man Bühnenbilder auf Dachfolie malen und dazu Bohrmaschine spielen soll. Man kann das machen. Ein Muss ist diese Sache aber nur für Regener-Komplettistinnen und -Kompettisten. Ansonsten ist «Glitterschnitter» eher der Milch- unter allen möglichen Kaffees: Ganz bekömmlich, aber wenig aussagekräftig.