Autor: Stefan Wimmer
Titel: Die 12 Leidensstationen nach Pasing
Verlag: Heyne Hardcore
ISBN: 978-3-453-27284-2
Es ist der Sommer 1985. Die Kajal-Clique ist weitherum bekannt – zumindest in der Münchner Vorstadt Pasing. Die vier halbwüchsigen Schüler vertreiben sich die Mittagspausen am Kiosk mit Biertrinken (Paulaner, Weissbier), verehren die damaligen Wave-Grössen (The Cure, The Human League) und sind konstant auf der Suche nach Mädchen, mit deren Hilfe sie endlich ihre Unschuld zu verlieren hoffen (Lotte, Baby Love).
Ganz so einfach gestaltet sich das allerdings nicht. Zumindest ihre Mitschülerinnen begegnen den Fürsten der Finsternis mit dezenter Ignoranz; und einfach so wildfremde Mädchen anzusprechen, das geht ja auch nicht, da wird man ja gleich für verrückt gehalten. Bleibt also nur, sich von Party zu Party zu hangeln und hoffnungsvoll auf eine mögliche Angebetete zu warten. Derweil lösen sich andere Probleme keineswegs in Luft auf: Die Noten sind schlecht, der Haschkonsum unerprobt, und die schlagfreudige Proleten-Gang steht immer noch in ständigem Krieg mit der Kajal-Clique.
Die grosse Stärke von «Die 12 Leidensstationen nach Pasing» sind die intelligenten, spitzen und humorvollen Dialoge. Mehr Handlung als das grossartig zelebrierte «PPP» (Partys, Petting, Punkmusik) braucht dieser Roman überhaupt nicht; Wimmers kurze Episoden lesen sich so süffig und amüsant, dass man das Buch in einem Rutsch durchzieht. Selbst an seinen persönlichen Tiefpunkten, beispielsweise mit dem Gesicht in einer Frutti di Mare, versprüht er noch Unbeschwertheit und jugendlichen Optimismus: Genau das, was wir uns alle weiter bewahren sollten. Ein perfektes Buch also, um einem kalten, öden Corona-Tag für ein paar Stunden zu entfliehen.
Text: Cornelia Hüsser