Refresh Records / VÖ: 27. Mai 2022 / Indie Rock
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Text: David Spring
Schweben, so beschrieb das ein weiser Engländer, ist die Kunst, sich mit aller Wucht auf den Boden zu werfen und diesen zu verfehlen. Die grosse Herausforderung ist, sich, während dem Sekundenbruchteil bevor man auf dem Boden aufklatscht, so sehr ablenken zu lassen, dass man das Aufschlagen vergisst. Falls dies gelingt, bleibt man wenige Zentimeter über dem Grund im schwebendem Zustand. Mit etwas Übung kann man sogar das Fliegen erlernen.
Zugegebenermassen ist das kein leichtes Unterfangen und auch nur für Fans von Douglas Adams relevant. Was ebenfalls schwierig ist, ist das Leben an sich. Dieser etwas greifbareren Thematik unserer Existenz haben sich Biitchseat aus Cleveland auf ihrem zweiten Album „Float“ angenommen. Das Leben ist toll, wenn man so darüber nachdenkt, und doch ist es mit viel Schmerz und Leid verbunden. Es bedarf einiges an Willenskraft, immer aufzustehen und es neu zu versuchen – genau wie beim Schweben.
Die Stücke auf „Float“ zeugen von Maturität und Tiefgründigkeit. Die Melodien sind wunderschön und eingängig, die Atmosphäre ist melancholisch und sanft, und doch schwebt stets ein Stückchen Hoffnung mit. Songs wie „Blackberries And Cherry Cola“ oder „I Think I Hate You Now“ drücken mit viel fuzzigen Gitarren und schwerem Bass ab, die träumerisch nachdenklichen Gesangsmelodien von Sängerin und Gitarristin Talor lassen die Stücke von Biitchseat aber nie zu heavy werden. Die Band fährt die Linie zwischen destruktiver Melancholie und wunderschönem Wohlbehagen perfekt.
Der Titel ist passend gewählt, denn man fühlt sich beim Hören von „Float“, als ob man entfernt von allen Schwierigkeiten der Welt schwebt, die Schwere der Existenz verflogen. Biitchseat schaffen es, dass man sich verstanden und nicht allein fühlt. Es ist vorzügliche Musik für laue Sommerabende, gemütlich zu Hause auf dem Balkon, mit einem Getränk in der Hand und mit sich selbst im Reinen. Die vielbesungene Leichtigkeit des Seins schön und treffend in Musik umgewandelt. Diese haben wir alle verdient.