24. Juni 2017
Stadionbrache Hardturm – Zürich
Bands: Dead Lord / The Monsters / Gloria Volt / Giant Sleep / Sexy / King Zebra / Joules
Was gibt es schöneres, als die Brache von einem ehemals wichtigen Gebäude zu nutzen, um alternative Kultur aufleben zu lassen? Erstmalig durfte man diesen Juni nämlich auf der Stadionbrache Hardturm in Zürich vergessen, für was diese harten Asphaltböden eigentlich gedacht sind, und ohne Hemmungen Luftgitarre spielen. Das Wasteland Fest öffnete seine Tore und lud ein zu Hard Rock, Pogo, kühlem Bier und leckerem Essen. Für einen Tag eroberten die Headbanger das Areal!
Glücklicherweise schaute die Sonne dem Treiben meist durch kleinere Wolken zu und verschonte die Besucher einigermassen vor einem Sonnenbrand – und das schützende Zirkuszelt bei der Bühne tat den Rest. So wagte man sich bereits bei der ersten Band Joules aus Zürich vor die Lautsprecher und schaute der Truppe auf die Finger. Deren Stoner Rock war so staubig wie die Umgebung und endete in psychedelischen Affären. Davon liessen King Zebra lieber die Finger, machten aber sonst alles wie in den guten alten Zeiten des Glam Rock – und ehrten sogar Neil Young.
Ab diesem Punkt übernahm der harte Rock’n’Roll das Fest komplett und sogar der Aargau liess sich dazu hinreissen, alle Rockposen aus dem Lehrbuch perfekt an das Wasteland Fest zu übertragen. Sexy aus Zofingen zeigten nicht nur ihre Oberkörper, sondern auch ihren leidenschaftlichen Umgang mit den Instrumenten – da blieb keiner trocken. Gut, dass man sich bei den wuchtigen und langen Stücken von Giant Sleep etwas erholen konnte. Der Stoner-Post-Rock rüttelte an den Zeltstangen und liess die Steine am Boden erzittern.
Die perfekte Gelegenheit für Gloria Volt, um alle Überlebenden mit ihrem biergetränkten Hard Rock noch einmal kräftig durchzuschütteln. Die Winterthurer wurden mit jedem Song etwas zügelloser und das Publikum dankte ihnen mit lautem Gesang, wilden Tänzen und Crowdsurfing. Plötzlich vergassen alle, dass man eigentlich lieber gemütlich im Schatten liegen wollte. Ein solcher Auftritt weckte bei allen ungeahnte Kräfte.
Und das war auch nötig, zeigten die Berner The Monsters mit ihrem Hardcore-Punk-Trash schliesslich, dass alle anderen Bands doch in den Kindergarten gehörten. Unter ihren schönen Kitteln lauerte unbezwingbare Zerstörungswut und zwei Schlagzeuger klopften alles klein. Dass nach einer solchen Darbietung die Leute immer noch nicht genug hatten, sprach eindeutig für die Organisation des Wasteland Fest. Mit viel Leidenschaft und Liebe wurde aus diesem spröden Areal ein Tummelfeld für Fans, Freaks und Familien – und alle versammelten sich friedlich, um die Gitarrenmusik zu zelebrieren. Da war es verdient, dass es zum Abschluss mit Dead Lord eine Belohnung aus Schweden gab, die mit ihrem kraftvollen und gerne auch düsteren Hard Rock alle glückselig stimmten.
Nun hatte sich auch die Sonne verabschiedet, das Fest liess sich bunt erleuchten und endete mit einem Höhepunkt. Und wieder einmal hat sich gezeigt, dass die besten und schönsten Festivals eben doch die kleinen sind. Falls sich dieses Treffen also einmal wiederholen wird, bin ich bestimmt wieder mit dabei.
Text: Michael Bohli
Bilder: Kathrin Hirzel