22. Oktober 2019
Papiersaal – Zürich
Bands: Wallis Bird / Floatinghome
Nur noch sechs Abende bis Neumond. Die Botschaft dazu präsentierte uns Wallis Bird im Papiersaal also knapp eine Woche zu früh, „New Moon“ war das Motto für die aktuelle Tour der irischen Künstlerin.
Spätestens nach ihrem Album „Home“ ist Wallis Bird angekommen. Eine neue Liebe, die ihr offensichtlich guttut. Nur logisch, dass sie andere Dinge in den Vordergrund rücken möchte. Sie hat eine Botschaft, die authentisch wirkt, genauso wie ihre musikalische Entwicklung in den letzten zwölf Jahren. Wenn man im Internet recherchiert, stösst man auf viele Vergleiche zu anderen tollen Frauenstimmen. Mag sein, dass Musikjournalisten diese Vergleiche geholfen haben, die eher unbekannte Künstlerin einzuordnen. Am Dienstagabend war einmal mehr klar, dass Wallis diese Vergleiche nicht nötig hat, sie hat ihren eigenen Stil. Ihre Konzerte sind keine halben Sachen. Es war Zeit für sie wieder einen Schritt weiterzugehen. Und so präsentierte sie vor allem ihr neues Album „Woman“ und einige Stücke aus „Home“ und „Architect“. Ich habe mich vor dem Konzert gefragt, wie ihr Tourmotto „New Moon“ und ihr neues Album „Woman“ zusammenpassen würden. Sie selber hat sich dazu folgende Gedanken gemacht: „Wenn ich mich schon auf die Bühne stelle und etwas singe, dann sollte es etwas sein, das uns weiterhilft. Und bei mir ist das eben der Fokus auf Empathie, Hoffnung und die Kraft der Liebe.“
Wer schon einmal die Stimmung in Bars in Dublin erlebt hat, fühlte sich im Papiersaal vom ersten Takt an zuhause. Aidan von Floatinghome begann mit ausdrucksstarker Irischer Musik, vorgetragen mit viel Wärme und Sympathie. Der Saal füllte sich langsam mit vielen eher jungen Leuten, nach wie vor ist Wallis Bird ein Geheimtipp. Schon stand die quirlige Frau aus County Meath auf der Bühne und erfüllte jedes Klischee einer Irin. Eher klein, rötliche Haare, grüne Augen und diesen charmanten Akzent. Innerhalb von Sekunden hatte sie eine Brücke zum Publikum geschlagen und startete mit dem Song „Home“ – unter voller Aufmerksamkeit. Kraftvoll interpretierte sie „LoveRespectPeace“ und machte deutlich, was ihr wichtig ist. Mit viel Wärme folgte kurz darauf „Woman Oh Woman“. Immer wieder suchte sie zwischen den Songs den Kontakt zum Publikum, ab und zu auch ein wenig in deutscher Sprache. Zu „Life is Long“ erzählte sie eine kleine Geschichte über die Entstehung des Songs und ihr gutes Verhältnis zu ihren Eltern.
Ein weiterer Höhepunkt war „Change“ aus ihrem letzten Album „Home“. Von Wallis am Keyboard mit unendlich viel Gefühl vorgetragen, so dass man sich einfach Zuhause fühlen musste. Blitzschnell war sie in der Lage das Publikum mit rasch gespielten Songs mitzureissen. Die teilweise funkig vorgetragene Stücke brachten immer wieder Abwechslung in den Musikabend. Wallis genehmigte sich eine Schluck Whiskey bevor sie mit Vollgas weitermachte. Zum Beispiel mit „Hardly Hardly“: Sie nutzte Loops und Vocal Effects sehr gezielt und konnte so mehr Tiefe und Spannung in ihre Songs bringen. Als sie die ersten Takte von „As the River Flows“ anschlug, jubelte das Publikum. Ihre Botschaft über Rassismus kam intensiv an und man spürte, dass es ihr ein Anliegen war, mehr Menschlichkeit zu fordern. Der Song machte einen fliegenden Wechsel zu den Ersatzgitarren notwendig. Wenn Wallis Bird richtig loslegt, dann fliegen die Saiten. Auch die zweite Gitarre schaffte es nur ganz knapp bis zum Ende des Songs. Dann war erst mal kurz Pause, und natürlich war diese Nummer durchaus beabsichtigt.
Selbstverständlich forderte das begeisterte Publikum eine Zugabe. Mit „In Dictum“ und einer wunderschönen A-Capella-Passage gemeinsam mit Aidan und Tracy Kelleher endet der Abend so wie er begonnen hatte. Ruhig, intensiv, warm! Mehr Menschlichkeit schien am Ende dieses Abends in greifbarer Nähe zu sein und Aidan bleibt ein wenig Zeit um bis zum nächsten Gig wieder alle Gitarren mit Saiten auszurüsten.
Text und Bilder: Christian Wölbitsch