19. September 2016
el Lokal – Zürich
Band: Wallis Bird
Es gibt da einen neuen Namen in den Top 5 meiner absoluten Lieblingskünstler: Wallis Bird. Im Zürcher el Lokal hat sie dem Publikum am Montagabend einige Fan-Favoriten und ihr komplettes, bald erscheinendes Album „Home“ vorgestellt. Dabei liess sie so manchen Zuschauer sprachlos zurück.
Dass sie sich bereits mit den ersten Tönen mitten in die Sphäre meiner Favoriten zu katapultieren wusste, hat weniger (aber schon ein bisschen) damit zu tun, dass sie mich während des zweiten Songs im Publikum bemerkte und mit den Worten: „Look at you dancing! You’re so cute, take your shirt off!“ begrüsste, sondern viel mehr mit ihrer Art zu performen, Songs zu schreiben und technische Probleme während des Konzertes gekonnt in lustige Zwischen-Sketches zu verwandeln. Dass die Irländerin, die seit einiger Zeit in Berlin lebt musikalisch alle Möglichkeiten zu haben scheint, ist nicht minder faszinierend. „Wenn ich Songs schreibe, arrangiere ich diese komplett in meinem Kopf und setzte sie danach um“, erklärt sie in einem Youtube-Interview.
Erstaunlich ist es, dass eine Künstlerin wie sie im vollen aber kleinen Zürcher el Lokal vor nur etwa 200 Leuten spielt. Noch erstaunlicher ist es, dass es Wallis gelingt, mit einem Set, welches etwa fünf ihrer Klassiker und das noch nicht erschienene Album „Home“ in voller Länge beinhaltet, alle Zuschauer komplett zu befriedigen. So arbeitet sie nach dem Konzert fast zwei Stunden lang die Schlange anstehender Fans ab, plaudert mit allen und verkauft und signiert Merchandise.
Vom zerbrechlichen A Capella bis zur wuchtigen Intensität
Dass Wallis Bird sehr gut ist, wisst ihr nun. Wie die Musik klingt, wisst ihr wahrscheinlich noch nicht, doch ich werde Euch aufklären! Die Singer-Songwriterin, die linkshändig Gitarre spielt ist von drei Mitmusikern umgeben, welche allesamt auch durch präzise Hintergrundgesänge überzeugen. Nicht alle Songs haben die selbe Instrumentierung. Einige Passagen werden komplett A Capella dargeboten, während andere mit Instrumenten wie Perkussion, Gitarren, Keyboard, Klarinette oder Geigen arrangiert werden. Auch von vielen Effekten macht die Truppe gebrauch. Performt werden die Lieder äusserst dynamisch und die Band hat in Zürich keine Mühe damit, diese Dynamik aufs Publikum zu übertragen, welches zu den intensiven Stellen tanzt und mitklatscht und die ruhigen Songs mit grösstenteils geschlossenen Augen geniesst.
Dies scheint auch Wallis Bird selbst sehr zu faszinieren, die sich bei den Zuschauern für das aufmerksame Zuhören bedankt und ihnen versichert, auf der grossen Tour des am 30. September erscheinenden Albums „Home“ wieder in der Nähe Halt zu machen. Wie zu Beginn des Konzertes erscheint Wallis auch für die Zugabe wieder alleine auf der Bühne. Auf Wunsch einer Zuschauerin spielt sie den Publikumsliebling „In Dictum“, welcher damit endet, dass das gesamte el Lokal ohne Gitarrenbegleitung den Refrain singt und Wallis das Konzert schlussendlich mit einem wunderschön gesungenen Dreiklang des Publikums beendet.
Wer Wallis Birds Musik noch nicht kennt, dem empfehle ich von ganzem Herzen, sich die Gehörgänge von den leidenschaftlich dargebotenen Schallwellen durchfegen zu lassen und sich ihr Live-Album „Yeah!“ zu Gemüte zu führen. Auf der CD befinden sich die besten Aufführungen der Jahre 2007-2014 und mancher Song mag die dazugehörige Studioversion locker zu übertrumpfen.
Text + Bild: Fabian Moor