22. Juli 2017
Croke Park – Dublin
Bands: U2 / Noel Gallagher’s High Flying Birds
„The Boys Are Back In Town“ – dies schallt es nicht nur passend beim Einlass durch das riesige Stadion, es war seit Tagen das Motto der gesamten Stadt. Wenn der musikalisch grösste Export Irlands endlich wieder ein Konzert in der Heimatstadt Dublin spielt, dann spielen die Leute und Geschäfte verrückt. Besonders, wenn es sich um ein historisches Konzert wie das 30-jährige Jubiläum des „Joshua Tree“-Konzertes aus dem Juni 1987 handelt. Eine perfekte Gelegenheit also, U2 zu besuchen und ihre grossen Hits mit 80’000 Leuten zusammen zu singen. Doch ist dies für alle ein Grund zur euphorischen Freude?
Die Band
Michael: Es ist schon erstaunlich, dass die vier Herren von U2 seit 1976 unverändert zusammen auf der Bühne stehen und immer noch voller Kraft Konzerte bestreiten. Sicherlich, in diesen Jahrzehnten hat sich vieles verändert und nicht immer alles zum Besten – doch was diese Musiker live abliefern, das ist immer noch beachtlich. Ihr Stadion-Rock verliert auch 2017 nichts von seiner Wucht und man spürte in Dublin ganz klar die Lust am Spiel. Zwar war Sänger Bono zu Beginn etwas unkonzentriert und verlor sich etwas in den Texten, umso geschlossener beendeten die Mannen aber die Show. Natürlich war es auch für sie belebend, unter Familien und Freunden die alten Stücke zu präsentieren.
Conny: Von der Band war im Croke Park-Stadion unter 80’000 Leuten natürlich nicht viel zu sehen. Was man hörte, war aber eine energievolle Show und grosse Spielfreude. Die Band zeigte sich auch immer sehr dankbar ihrem Team gegenüber, inklusive Happy Birthday-Ständchen mit dem Publikum für drei Crewmitglieder. So nette Jungs!
Das Konzept
Michael: Dass sich U2 30 Jahre nach der Veröffentlichung ihres wohl wichtigsten Albums noch einmal auf eine „The Joshua Tree“-Tour aufmachen würden, das hätte die Band selber wohl am wenigsten geglaubt. Aber diese Rückbesinnung auf alte Taten ist klar aufgegangen, sind die Konzerte doch eine wunderbare Zeitreise durch die Höhepunkte der Bandgeschichte. Schon alleine der Start mit „Sunday Bloody Sunday“, „Bad“ und „Pride (In The Name Of Love)“ ist intensiver als mancher Zugabenblock älterer Shows. Und da „The Joshua Tree“ nicht nur Welthits wie „Where The Streets Have No Name“ oder „With Or Without You“ beinhaltet, sondern auch dramaturgisch toll funktioniert, war auch die Show in Dublin extrem mitreissend. Bis auf den Zugabenblock, da wechselten sich nachdenkliche Momente wie „Miss Sarajevo“ immer noch etwas zu willkürlich mit der Party bei „Elevation“ und „Vertigo“ ab.
Conny: Das Album „The Joshua Tree“ hat einen Aufbau, der sich auch gut für ein Konzert eignet. Das würde wohl nicht mit jedem Album funktionieren. Davor und danach gabs ein paar bekannte Kracher und Schnulzen. Hier fand ich die Songauswahl respektive -reihenfolge nicht immer geglückt. So folgte auf das bedrückende, mit Aufnahmen aus dem Syrien-Krieg untermalte „Miss Sarajevo“ direkt die Partynummer „Beautiful Day“ – na ja. Ansonsten wurde hier sicher eine tolle Show abgeliefert, aber die Musik bleibt mir trotzdem zu wenig interessant. Wirklich mitgerissen haben mich schlussendlich nur „Sunday Blooday Sunday“, „Bullet The Blue Sky“ und „Exit“ – hart, mit treibendem Schlagzeug und einer guten Ladung Gitarre. So muss Rock klingen!
Die Show
Michael: U2 klotzen gewaltig – und auch im Croke Park Stadion war die riesige Bühne mit dem Baum, der B-Stage im Zuschauerraum und dem unwirklichen Screen Garant für Augen- und Ohrenschmaus. Dass sich die Musiker aber nicht zwischen Technik und Show verlieren, ist ihnen hoch anzurechnen. Die Videountermalungen der Songs sind geschmackvoll, unterstützend und nie das Ziel, es gibt kein Feuerwerk und keine Clown-Eskapaden. Somit blieb aber auch das Konzert in Dublin ohne grosse Überraschungen – alleine der Moment, als vier Kampfjets über das Stadion flogen und die irische Flagge an den Himmel zeichneten, war surreal.
Conny: Aus diesem Screen könnte man ein Haus bauen! Die darauf gezeigten Videos haben immer gut zu den Songs gepasst, und immerhin hier konnte man ab und zu einen Blick auf die Band werfen. Die Jets mit ihren grün-weiss-orangen „Farb-Abwürfen“ waren vielleicht etwas übertrieben, aber für so ein Jubiläum in der Heimatstadt auch irgendwie cool.
Stimmung und Support
Michael: Klar, wie nicht anders zu erwarten war das Publikum im Croke Park von der ersten Sekunde an laut mit dabei. Bereits die Songs von Supporting-Act Noel Gallagher’s High Flying Birds wurden lauthals mitgesungen, und die Stimmen wurden auch bis zur letzten, noch unveröffentlichten Zugabe „The Little Things That Give You Away“ nicht leiser. Man tanzte, feierte U2 und ihre Lieder und war für einen Abend lang eine geschlossene Welt – „One“. Bei dieser ausgelassenen Stimmung war es auch nicht schlimm, dass sich Bono für einmal mit seinen Reden etwas zurück hielt. Viel mehr genoss man so die fantastische Gitarre von The Edge und das immer sichere und drückende Spiel von Adam und Larry umso mehr. U2 in ihrer Heimat zu sehen – das war für mich als Fan eindeutig sehr speziell und wunderschön. Ihr seid die Besten!
Conny: Was Stimmung und Support angeht, kann man den Fans wirklich nichts vormachen. Schon bei Noel Gallagher’s High Flying Birds war die Stimmung ausgelassen und fröhlich, bei U2 wurde schliesslich textsicher Zeile um Zeile mitgesungen, mitgejohlt und mitgetanzt. Die Leute gingen ab wie Zäpfchen. Beim Anblick vieler individuell bedruckter Shirts mit der persönlichen U2-Konzert-Historie wundert das auch nicht. Sowieso schien ganz Dublin voll von U2-Shirts. Lieber Bono, du und deine Band habt wirklich Fans, wie man sie sich nur wünschen kann.
Setlist [Quelle: u2tour.de]
1. Sunday Bloody Sunday
2. New Year’s Day
3. Bad
4. Pride (In The Name Of Love)
5. Where The Streets Have No Name
6. I Still Haven’t Found What I’m Looking For
7. With Or Without You
8. Bullet The Blue Sky
9. Running To Stand Still
10. Red Hill Mining Town
11. In God’s Country
12. Trip Through Your Wires
13. One Tree Hill
14. Exit
15. Mothers Of The Disappeared
Zugabe:
16. Miss Sarajevo
17. Beautiful Day
18. Elevation
19. Vertigo
20. Ultra Violet (Light My Way)
21. One
22. The Little Things That Give You Away