24. Oktober 2011
KKL – Luzern
Bands: Tori Amos / Mark Hole
Applaus erfüllt den dunklen KKL Konzertsaal. Blaues Licht lässt langsam die Konturen der Bühne erahnen. Ein grosser Flügel, daneben ein Keyboard – die altbekannten Werkzeuge von Tori Amos. Dahinter Notenständer. Etwas verloren hängt ein kleiner Kronleuchter über dem Flügel. Das grosse, schwarze Tuch mit den kleinen weissen Punkten und den wie Vorhänge drapierten helleren Tüchern hinter ihm erdrücken ihn beinahe. Doch er wartet beharrlich und stolz auf seinen Einsatz.
Vier Männer in schwarz betreten den Saal. Zwei Geigen, ein Cello und eine Bratsche stimmen zum Song „Shattering Sea“ vom neusten Tori Amos Album „Night Of Hunters“ an. Das polnische Apollo Musagète Quartett fiddelt sich in einen Gewittersturm. Ein Aufschrei unter den Konzertbesuchern kündet Tori Amos an. Im weiss wehenden Gewand betritt die Grazie die Bühne, verneigt sich und setzt sich an den Flügel, um gleich schon in die Tasten zu greifen.
Beim dritten Song „Suede“ („To Venus And Back“) entfalten sich die Musiker auch als hervorragende Perkussionisten. Sie klopfen, zupfen und streichen ihre Instrumente, mal wild und ungehalten, mal zärtlich und sanft. Tori Amos hat ihr neustes Album „Night Of Hunters“ mit dem Quartett eingespielt. Auf der Bühne harmonieren die fünf, als hätten sie schon immer zusammen gespielt.
Alles in allem ist das Konzert lange sehr ruhig und unaufgeregt. So hört es sich wohl an, wenn die Sturm und Drang Zeit der Esoterik Platz machen musste. Viele neuere Songs sind zu hören. Zur erwarteten Kreativität und Eindringlichkeit kommt es erst bei den letzten beiden Songs des Sets mit eindrücklichen Versionen von „Precious Things“ und „Cruel“.
Ein Tori Amos-Konzert ohne Zugabe ist nicht denkbar. Unerwartet ist das erste Encore „A Multitude of Shades“, ein eigenes Stück des Apollo Musagète Quartett. Ohne Gesang, ohne Tori Amos. Passend zum Titel ist das Stück eine Mischung aus Klassik, neuer Musik und polnischer Volksmusik. Bei den kurzen Zigeunerklängen klatscht das Publikum euphorisch mit.
Wer mit der Erwartung, „Crucify“, „Cornflake Girl“ oder „Hey Jupiter“ zu hören nach Luzern gepilgert ist, wurde enttäuscht. Dafür packt die Sängerin neben zwei Songs vom neusten Album („Carry“ und „Nautical Twilight“) den berührenden Track „Toast“ („The Beekeeper“), der sanfte Song „Winter“ von ihrem Erstling „Little Earthquakes“ und das fantastische The Cure-Cover „Lovesong“ aus.
Auch wenn die Sängerin etwas von ihrer einnehmenden Bühnenpräsenz verloren hat, ist sie nach wie vor eine der ganz Grossen unserer Zeit. Sie weiss mit ihrer Musik die Herzen zu liebkosen, um sie im nächsten Moment an einer spitzen Nadel zerspringen zu lassen. Und dafür lieben wir sie.
Text: Nicole Göbel
Bilder: Christian Vogelsang