Datum: 31. Mai 2014
Ort: Volkshaus – Zürich
Band: Tori Amos
Vorab habe ich mir gut überlegt, ob ein Konzertbericht von Tori Amos in das Konzept von artnoir passt und nach langem Überlegen bin ich zum Schluss gekommen: Ja natürlich! Schliesslich scheut sich die Pianistin nicht Peter Gabriels „Red Rain“ live darzubieten und selbst Prog Metal Grössen wie Dream Theater haben schon Songs von ihr gecovert.
Ihr kennt Slayers „Raining Blood“? Nun, dann solltet ihr mal Toris Interpretation dieses Masterpieces hören und ihr werdet zum Schluss kommen, dass ihre Version entschieden „böser“ rüberkommt, was übrigens auch Slayer Gitarrist Kerry King bestätigt hat. Man kann es drehen und wenden wie man will, Tori Amos ist schon lange eine ganz Grosse geworden und wird es wohl noch eine lange Zeit bleiben.
Es gibt in der Regel zwei Arten von Tori Amos Konzerten. Mal tritt sie mit anderen Musikern auf, was zusätzliche Dynamik in den Gig bringt, oder sie tritt alleine auf, was nicht minder spannend ist, aber auch mehr Konzentration erfordert, denn fast zwei Stunden Klavier und ihren Gesang sind eine intensive Angelegenheit. Egal welche Konstellation geboten wird, mir gefallen beide Arten. Am Abend des 31. Mai, standen ihr Bösendorfer Flügel und ihr E-Piano alleine auf der Bühne und somit war auch klar, was das Publikum erwarten durfte.
Es hat was Magisches, wenn Tori die Bühne betritt und schnell merkt man, dass sie sich auf eine solide und treue Fanbase verlassen kann. Der Applaus und Jubel weicht sofort einer fast beängstigenden Stille und man getraut sich kaum zu atmen, geschweige denn zu husten. Kaum ist jedoch ein Song zu Ende, füllte sich das Volkshaus wieder mit grossem Applaus. Zu meiner Rechten dann meine Freunde, die Fotografen, die an diesem Abend wirklich keinen einfachen Job hatten. Selbst mit modernster Digitaltechnik konnte man den Verschluss jeder Kamera beim Auslösen hören. Das muss wohl ein kleiner Spiessrutenlauf der Knipser gewesen sein, denn die bösen Blicke der Tori Amos Fans schienen ihnen Gewiss zu sein. Und ja, auch ich nervte mich am permanentem Klack Klack der Kameras (Sorry Liane).
Mit ihren bald 51 Jahren hat Tori Amos kein bisschen an Attraktivität und Sex-Appeal verloren. Noch immer trägt die leidenschaftliche High Heels Trägerin ihre hohen Schuhe und noch immer versprüht sie diese knisternde Erotik, auch wenn man es ihr inzwischen ansieht, dass sie die 50 passiert hat. Liebe Frauen, lasst euch sagen, dass älter werden nicht unbedingt ein Nachteil sein muss – Den Beweis habe ich im Volkshaus erleben dürfen. Es ist schon beeindruckend wie Sie auf der Bühne agiert. Den Stuhl, sitzend angekippt, die rechte Hand am E-Piano mit dem rechten Fuss am Dämpfer, die linke Hand am Flügel und linker Fuss an dessen Dämpfer, dazu singend in ihrer unverkennbarer Art, mal intensiv, mal hauchend, flüsternd – einfach fantastisch.
Musikalisch ist Tori so oder so ein Leckerbissen sondergleichen und wer einmal Zugang zu ihrer Musik gefunden hat, kommt kaum mehr los, unabhängig, was der präferierte Musik-Stil ist. So verwundert es nicht, dass auch gestandene Metal-Fans (ich war übrigens nicht der Einzige) immer wieder zu ihren Konzerten pilgern, denn ihr Spiel hat etwas Magisches und sie schafft es immer wieder, die Zuhörer in ihren Bann zu ziehen. Klanglich erlebte das Volkshaus Höhepunkte. Glasklar ihre Stimme, jedes Wort bis zur letzten Silbe verständlich und in Kombination mit dem Klang ihres Bösendorfer Flügels entstand eine musikalisches Gebilde, das mit dem Wort Perfektion am besten zu beschreiben ist.
Bestuhlt im ausverkauften Volkshaus? Ja natürlich, aber der treue Tori Amos Fan weiss, dass dies nicht für ewig ist. Ja, ich gebe es zu, auch wenn meine bevorzugte Musikrichtung wesentlich härter, schneller und aggressiver ist, so zähle ich mich zu einem ausgesprochen treuen Fan. Also weiss ich, dass irgendwann beim Publikum der Damm bricht und die brav sitzende Audience es nicht mehr auf den Stühlen aushält und wie auf Kommando zum Bühnenrand rennt. So geschah es bei „Cornflake Girl“. Kaum angestimmt, passierte es wieder. Eine hektische Bewegung in Reihe eins und kollektiv rannte man nach vorne und auch wenn es mir aus Reihe 13 nicht erlaubt war, unkontrolliert nach vorne zu stürmen, so fand ich mich innert Minutenfrist ganz vorne bei den „Freaks“.
Fazit: Ein ganz grosser Abend einer ganz grossen Dame, die es immer wieder schafft zu begeistern. Dass sie zudem „Never Seen Blue“ gespielt hat, war für mich die Krönung des Abends und nach 18 gespielten Songs verabschiedete sich Tori in gewohnt freundlicher Art und fast, ja fast konnte ich sie sogar berühren und mit wurde bewusst, dass auch ich, mit bald 48 Lenzen, an diesem Abend eigentlich nichts anderes war, als ein Teenie. Naja, irgendwann hat wohl jeder sein „Coming out“….
Setlist:
1. Parasol
2. Upside Down
3. Mother
4. Playboy Mommy
5. Jackie‘s Strength
6. Josephine
7. Garlands
8. Lizard Lounge
9. Red Rain
10. Fire And Rain
11. 1000 Oceans
12. Selkie
13. Secret Spell
14. Scarlet‘s Walk
15. Cornflake Girl
16. Sixteen Shades
17. Never Seen Blue
18. Lady In Blue
[Quelle: Bühnensetlist]
Text: Daniel Baratte
Bilder: Liane Paasila