14. November 2019
Kofmehl – Solothurn
Bands: Thrice / Petrol Girls
An einem grauen Tag wie an diesem im November ist es wichtig, dass man etwas Licht hereinlässt. Und Wärme. Was könnte da besser passen als zwei Bands, von denen die eine als Vorband ziemlich klar ans Herz appelliert und die andere nicht nur mit einer beeindruckenden Diskographie aufwartet, sondern sogar die vier Elemente vertont hat? Inklusive Feuer, versteht sich. Ob es gereicht hat, damit den Novemberblues zu vertreiben, müssen alle für sich selber entscheiden, aber die Petrol Girls und Thrice haben ihm zumindest ordentlich den Hintern versohlt.
Und wenn wir schon dabei sind: Was könnte besser zu einer Band wie den Petrol Girls passen, als ihre multinationale Zusammensetzung zweier Frauen und zweier Männer? Wortführerin Ren Aldridge kann nicht nur schreien, sie textet auch mit deutlichen Worten und repräsentiert Aktivismus sowie Feminismus bis in die letzte Haarspitze. Auf ihrem Shirt stand “Rise up for Rojava“, es gab einen Einspieler dazu plus einen Hinweis auf die unfassbare Tatsache, dass man die Band gerade aufgrund ihres Engagements verklagt hat. Und natürlich auch Aufforderungen ans Publikum. Die zierliche Sängerin hatte mehr Power als manch ein verdutzter Hüne im Publikum, ordentlich Wut im Bauch und etwas zu sagen. Die Songs rückten vor lauter Inhalt etwas in den Hintergrund. Das ist der einzige Kritikpunkt, denn das neue Album “Cut & Stitch“ wäre Grund genug, die Band als musikalische Hauptattraktion zu feiern.
Die Kulturfabrik Kofmehl füllte sich danach immer mehr und dass Thrice ausgerechnet die schmucke Kleinstadt Solothurn besuchten, ist nicht selbstverständlich, wenn man nachschaut, wo die auf ihrer Tour sonst vor allem aufgeschlagen sind. Und das ist ein gutes Stichwort: Die Posthardcore-Kracher der Band aus Kalifornien bahnten sich sofort einen Weg von der Bühne in den Konzertsaal – so souverän die Band, so textsicher das Publikum. “Alte“ Fans werden sich gefreut haben: Thrice fuhren eher die harte Schiene, spielten viele Klassiker und sich quer durch ihre bereits zehn Alben, von denen “Palms“ das aktuellste ist. Nur das Debüt liessen sie aus. Thrice sind eine Institution, daran liessen sie auch live keine Zweifel. Dass sie trotzdem mit so viel Herz dabei waren, so geerdet und ihre beiden letzten Alben so gut, waren drei von vielen schönen Feststellungen an diesem Abend. Es fügte sich alles zusammen.
Ausgewogen war die Songauswahl zwar nur eher hinsichtlich der Verteilung über die Alben hinweg und ein “Digital Sea“ hätte sicher niemand verschmäht, aber am Ende ist das reichlich egal, wenn man bedenkt, wie viele grossartige Songs zwangsläufig fehlen müssen, wenn man so viele davon geschrieben hat. Sogar “Deeper Wells“ von der gleichnamigen neuen EP fand seinen Weg ins Programm. Neben dem wortkargen Dustin Kensrue stach vor allem Gitarrist Teppei Teranishi heraus, der in seiner Vielseitigkeit und mit seiner Spielfreude in jeder Band unersetzbar wäre. Dass nicht viel gesprochen wurde, ging absolut in Ordnung, das haben die Petrol Girls übernommen und es spielt schliesslich auch grundsätzlich keine Rolle – Musik kann für sich sprechen. Mit einer Urgewalt wie “The Earth Will Shake“ ist alles gesagt, was man über diese Band wissen muss.
Setlist
1. Only Us
2. Image Of The Invisible
3. Silhouette
4. Just Breathe
5. Yellow Belly
6. The Arsonist
7. Of Dust Of Nations
8. At The Last
9. Deeper Wells
10. The Artist In The Ambulance
11. Hurricane
12. Stare At The Sun
13. Red Sky
14. Doublespeak
15. Black Honey
16. In Exile
17. The Window
18. The Earth Will Shake
19. Deadbolt
20. Beyond The Pines
Text: Michael Messerli