2. März 2020
Dynamo – Zürich
Bands: Thees Uhlmann & Band / Grillmaster Flash
War das jetzt die letzte Rock’n’Roll-Show der Welt? Nein, Digga – aber eine Pause vom aktuellen Virus-Rätselraten. Tanzen anstatt Hände schütteln, mitsingen anstatt Schutzmasken tragen. Und alles ganz eng beieinander. An diesem Montagabend konnte man froh sein, dass das Pier 2 in Bremen und nicht in Zürich steht, weil Grillmaster Flash es anscheinend auch schon mal füllt – vorwiegend dank Beziehungen und 2,99 Euro Eintritt. Dort passen mutmasslich mehr als 1000 Leute rein. Glück gehabt. “Danke für die Angst“ singt Thees Uhlmann auf seinem aktuellen Album “Junkies und Scientologen“. Er meint damit aber Stephen King. Und es ist sicher nicht dessen Fiktion, welche die Leute sich die schlimmsten Szenarien ausdenken lässt – selbst bei Pandemiegeschichten wie “The Stand“. Irgendwie ironisch ist der Querverweis trotzdem.
Zuerst aber machte Thees Uhlmann mal eine Ansage, er habe sich am Fluss nebenan verlaufen und den Weg offenbar doch wieder zurück ins Dynamo gefunden. Und dann kündete er den Grillmaster Flash aus Bremen-Nord an, was selbstverständlich sein echter Name ist und der „gut anliefert“. Zu jung für Schallplatten, zu alt für Retro. Der gewitzte Kurzauftritt des Solokünstlers wird ihn – auch dank der Heavy-Metal-Hauptstadt Sottrum – in ein paar Jahren ins Letzigrund führen. Das versteht sich von selbst. Er war nur hier, damit er neue Fans gewinnt, um sie dann später wieder zu verlieren. In der „Umbaupause“ dann ein bisschen Bruce Springsteen, „Dancing In The Dark“. Und bald stand schon Thees Uhlmann mit seiner europäisch diversen Band auf der Bühne.
Der ist mittlerweile auch alt genug, um von jungen Mädchen angepöbelt zu werden, nur damit sie sich dann trotzdem an der Kasse 2 im Supermarkt ihr Studium verdienen. Der Abend wurde zu einem Best-of-Thees Uhlmann, inklusive vier Tomte-Songs und nur einem vom zweiten Soloalbum. Bei vielen Bands möchte man nicht, dass sie mit dem Spielen aufhören. Bei ihm kommt hinzu, dass er noch ein bisschen weitererzählen soll. Von Sven Regener, von den Toten Hosen (was er übrigens Ende April in der Schweiz wieder macht), von Casper und von den Dingen rund um seine Songs. Er spiele lieber an einem Montag in Zürich als an einem Samstag in New York. Ja klar. Kann man aber so stehen lassen.
Warum der Uhlo nicht nur tolle Songs schreibt, sondern auch weiss, wie man einen Satz formuliert und vor allen Dingen, worüber man das machen sollte, zeigte er mit einem Handyfoto: Es gibt in Zürich offenbar eine Fachstelle Graffiti. An so einem Schild kam er bei seinem Flussspaziergang vorbei. Und wenn man an einem Ort wohnt, wo es eine Fachstelle Graffiti gibt, hat man es doch gut im Leben und es besteht noch Hoffnung für die Menschheit. So ist es und so war das mit Thees Uhlmann. „Genial!“. Hoffentlich verläuft er sich bald wieder mit seiner Band in die Nähe.
Setlist
1. Fünf Jahre nicht gesungen
2. Danke für die Angst
3. Die Toten auf dem Rücksitz
4. Zugvögel
5. & Jay-Z singt uns ein Lied
6. Das Mädchen von Kasse 2
7. Ich bin der Fahrer, der die Frauen nach HipHop Videodrehs nach Hause fährt
8. Was wird aus Hannover
9. Ich sang die ganze Zeit von dir
10. Lat: 53.7 Lon: 9.11667
11. 100.000 Songs
12. 17 Worte
13. Liebeslied (Die Toten Hosen Cover)
14. Junkies und Scientologen
15. Katy Grayson Perry
16. Vom Delta bis zur Quelle
17. Zum Laichen und Sterben ziehen die Lachse den Fluss hinauf
Zugabe
18. Korn & Sprite
19. Schreit den Namen meiner Mutter
20. Avicii
Zugabe 2
21. Römer am Ende Roms
22. Die Nacht war kurz (Ich stehe früh auf)
Zugabe 3
23. Die Schönheit der Chance
Text: Michael Messerli