29. Oktober 2013
Z7 – Pratteln
Bands: Tarja / Teodasia
Nordische Klanghoheit in wallenden Klanggewändern gibt Audienz in Pratteln
Mit kratzig entschlossenen Gitarrenwänden und den ausgeterzten Streicherakzenten, die spätestens seit dem kometenhaften Aufstieg von Nightwish das Gothic-Metal-Genre zu definieren scheinen, wälzt und synkopiert Teodasia gegen eine noch träge Masse an und erntet zustimmendes Kopfnicken. Abgesehen von ein paar Intonations-Stolperern lieferten die Italiener eine solide Show ab.
Wenn man in der folgenden Umbaupause zur Bar mäandrierte, konnte man sich an einem erfrischend bunt gemischten Publikum erfreuen. Von Herren in karierten Hemden, bis zu jungen Frauen in geschmackvollen Kleidern war über Altrocker, Hipster und Grufties alles anzutreffen. Verbunden wurde diese Menge vom erwartungsvollen Leuchten ihrer Augen.
Und bald schon war es soweit: Unter dem archaisch heran rollenden Strawinsky-Rhythmus von „In For A Kill“ fiel das grosse Tarja-Banner und gab den Blick auf die majestätische Sopranistin und ihre Live-Band frei. Konsequenterweise ersetzt hier ein Cello die zweite Gitarre, die Keyboards nehmen das Zentrum der Bühne ein und rechts türmt sich ein imposantes Drumset auf. Von Anfang an sprühend gut gelaunt präsentiert die Finnin nach diesem Opener mit „500 Letters“ das erste Schmuckstück vom neuen Album.
Der ganze Bombast der Studioalben ist live umgesetzt; zum einen durch die hervorragenden Mitmusiker, zum anderen durch Tarjas fulminante Stimme, schliesslich aber auch durch die epischen Chöre und Orchester-Arrangements, die zugespielt werden. Leider drängen diese hochglänzend produzierten Tonspuren mit ihrer Präsenz ein paar Mal das Bühnengeschehen in den Hintergrund.
Nach dem lebendigen „Falling Awake“ erhebt sich „I Walk Alone“, der erste Schritt der Solokariere Tarja’s, in all seiner mozartschen Eleganz und Tiefe. In „Anteroom Of Death“ verwebt die Vollblut-Musikerin ihre Stimme gekonnt zum Duett mit dem arpeggierenden Cello und tänzelt zwischen Cembalo-Trillern und den neckischen Chor-Einwürfen, nur um sich Sekunden später wieder der vollen „Opern-Dramatik“ hinzugeben. Ganz nach dem Motto des neuen Albums präsentiert uns die Sängerin die ganze Farbpalette ihrer Stimme. Dann überlässt sie ihren Mitstreitern die Bühne für ein wahres Feuerwerk der Solos: Nachdem Gitarre und Cello sich ein blitzartig flackerndes Duell geliefert haben donnert Schlagzeuger Mike Terrana die ganze Szenerie in Grund und Boden.
Der Zugabenblock beginnt mit „Victim Of Ritual“. Hier wirkt sich die extrem exponierte Stick-Jonglage des Drummers erstmals etwas hemmend auf die Prägnanz des Bolero-Patterns aus. Aber es sieht schon gut aus, wie nach beinahe jedem Schlag ein Schlägel geworfen oder gedreht wird. „Until My Last Breath“ darf natürlich nicht fehlen und auch der Nightwish-Klassiker „I Wish I Had An Angel“ wird bis in die letzten Reihen hingebungsvoll mitgesungen.
Tarja bedankt sich immer wieder überschwänglich bei den Fans für die grossartige Unterstützung und badet sie zum Dank mit Songs wie „Mystique Voyage“ oder „Medusa“ in Wohlklang und rot-violettem Licht. Reissende Riffs wie in „Never Enough“ bilden das metallische Gegengewicht: Das Konzert hält die Wage – ausgewogen und brillant.
Text: Dennis Bäsecke
Bilder: Miriam Ritler