25. Januar 2018
Parterre One – Basel
Bands: Scott Kelly & John Rudkins / Sarah-Maria Bürgin / Louis Jucker / The Leaving / Marlon McNeill / Anna Erhard
Die Bösen trifft man nicht nur im Sägemehl an, auch auf den Bühnen der Welt begegnet man immer wieder lauten und wilden Künstlern. Doch für eine Nacht gab es nun die Möglichkeit, Musikerinnen und Musiker intim und zurückhaltend zu geniessen. Das Basler Label Czar Of Crickets lud zu Stunden voller Tales From A Sonic Darkness – zu Reisen in introvertierte Momente und dunkle Melodien. Im hübschen Parterre One nahm man auf den Stühlen Platz und genoss das Dargebotene mit einem passenden Bier. Schon bald wurde aus dem normalen Donnerstagabend eine neue Erfahrung voller Intensität.
Bereits mit Anna Erhard gab es eine andere Form von Auftritt zu erleben, spielt die Musiker doch sonst mit der Gruppe Serafyn hübsche Songs – nun zeigte sich die Schweizerin alleine mit akustischer Gitarre und sanftem Singer-Songwriter. Ein angenehm langsamer und in sich gekehrter Start, der mit Komponist und Labelführer Marlon McNeill zwar etwas verschrobener wurde, aber immer noch auf einzelnen Gitarrentönen und sanften Aussprachen beruhte. Hier sogar als Huldigung für den kürzlich verstorbenen Mark E. Smith, mit parallel abgespielter Schallplatte.
Meditativ und langsam, so wollte sich der Chef des Abends nicht immer geben. Als The Leaving betrat er die Bühne mit einer elektrischen Gitarre und untermalte seinen feinen Gesang mit lauten und kratzenden Gitarrenriffs. Stärker hätte der Kontrast zwischen Mensch und Instrument nicht sein können, als Resultat funktionierte dies aber perfekt und leicht psychedelisch. Und die sieben Saiten verliehen dem Zar die nötige Gravitas – etwas, mit dem sich Louis Jucker (Coilguns, Autisti) nicht lange abgibt. Von seinem Architekturstudium ist die Liebe zum Entwurf übrig geblieben, den Rest bestimmt nun aber Punk und Noise. Mit eigens gebautem Verstärker wurden die rohen Stücke noch gewaltiger, Geschrei und wildes Klopfen auf den Saiten taten den Rest.
Wie eine Sirene der Nacht sorgte Sarah-Maria Bürgin von Scratches im Anschluss dafür, dass nicht nur das Testosteron wieder von der Bühne gefegt wurde, sondern dass nun endlich auch ein Keyboard die Rhythmik übernahm. Mit wundervoller Stimme, Melodien wie Samtkleider und einer grossen Ausstrahlung verzauberte sie die Anwesenden innert kürzester Zeit. Schade, durften hier alle nur kurz spielen, hier hätte ich gerne weitergeträumt. Als Abschluss kam aber ein richtiger Weltstar: Scott Kelly, mit grossem Bart und akustischer Klampfe, begleitet von John Rudkins an der Slide-Guitar.
Die Amerikaner zückten hier nicht das zerstörerische Schwert von Neurosis, sondern erzählten zerbrechliche Geschichten voller Emotion und Nachdenklichkeit. Passend zum Schluss, zusammenfassend und für den Abend stehend – Tales From A Sonic Darkness war ein wunderschöner Blick in die Seelen und Herzen von Künstlerinnen und Künstler, ein Eintauchen in verwunschene Klangwelten und ein mitreissender Ausgleich zu den sonst lauten und wilden Konzerten. So etwas dürfte es gerne öfters geben.
Text: Michael Bohli
Bilder: Anna Wirz