17. November 2017
Royal – Baden
Band: Sun Kil Moon
„The World According To … Mark Kozelek.“ Er ist ein Unikum, ein Künstler, bei dem man nie so genau weiss, ob man seine Worte jetzt ernst nehmen und vernichtend finden oder die Satire dahinter lachend lieben soll. Klar ist aber auf jeden Fall, dass seine Musik unter dem Namen Sun Kil Moon Grenzen zu einem Gewirr zusammenknüllt und damit sich selbst und seine Zuschauer fordert. Aber genau diesen Umstand haben aus dem Auftritt im Royal einen Abend gemacht, den man so schnell nicht vergessen wird.
Ursprünglich als Red House Painters unterwegs, stehen Kozelek und seine immer wieder wechselnden Musiker seit 2002 dafür, alternative Rockmusik mit langen Erzählungen und gesprochenen Texten zu verbinden. Im Zentrum stehen dabei immer die Worte des Frontmanns, der auf seine ureigene Weise absurde wie auch mitreissende Szenerien erschafft. Auch in Baden wandelte er in den Liedern zwischen komödiantischen Inhalten (Perspektive einer Hauskatze, „House Cat“) und harten Meinungsbekundungen zur Weltlage und menschlichem Verhalten. Mit langen Wiederholungen, brutalen Aussprachen und lamentierenden Passagen wirkten einzelne Worte extrem.
Da Sun Kil Moon dabei oft angriffig und schwierig erschienen, schrie dies nach einem musikalischen Gleichgewicht – und das war eindeutig vorhanden. Während über zwei Stunden verausgabten sich die Herren an Bass, Gitarre, Schlagzeug und Rhodes und verzierten Kozelek und seine Vorträge mit einer grossartig gespielten Mischung aus Indie, Folk und Wüstenblues. Mit wenigen Gesten dirigiert, wechselten Stücke zwischen lauten Kaskaden und stillen Sinnsuchungen, um am Ende Momente purer Schönheit auf das fast volle Royal einwirken zu lassen – irgendwo zwischen Wilco, Bob Dylan und Untergrund.
Es war somit kein Konzert, mit dem man ausgelassen in das Wochenende steigt, sondern viel eher eine Erarbeitung von gegenseitigem Respekt und Konzentrationsforderung. Alleine mit den oft langen und direkten Ansprachen Kozeleks wurde der Rahmen gesprengt. Denn welcher andere Musiker dürfte Schweizer Ortsnamen mit Magenkrankheiten vergleichen und dem Publikum direkt ins Gesicht sagen, dass es „ok, aber nicht das beste“ war? Sun Kil Moon haben eine Ausnahmestellung inne, und sie leben diese voll aus. Dank wunderschönen Perlen wie „God Bless Ohio“ oder „The Possum“ verzieh man sogar die unvermeidliche Tirade gegen The War On Drugs und entschwebte für kurze Zeit in eine andere, merkwürdig-schöne Welt.
Text: Michael Bohli