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Placebo + Editors + Donots
Herrenacker – Schaffhausen
Freitag, 9. August 2024
Text: Nathalie Lobsiger / Bilder: Anna Wirz
Die pittoreske Altstadt von Schaffhausen füllte sich an diesem sehr sonnigen und heissen Freitagabend mit Festivalbesuchern in schwarzen Klamotten und Bandshirts wie «The Cure», «Archive», «Editors» oder «Placebo». Die Schattenplätze waren äusserst begehrt.
Als die Schatten etwas länger wurden, die Bühne allerdings noch in hellem Sonnenlicht erstrahlte, startete der Konzertabend mit der gemäss eigenen Aussage «besten Rhythmuskapelle aus Nordrhein-Westfalen», den Donots, mit dem Song «Heut ist ein guter Tag» ab Band. Der Name Donots steht für die selbstironische Philosophie der Band, «nichts zu tun» (don’ts = do nothing). Eingängiger Punk Rock wurde geboten; die helle Sonneneinstrahlung schien der Darbietung keinen Abbruch zu tun und es wurde auf der Bühne eine Punk-Show der Extraklasse geboten. Zum Song «Kaputt» befand sich Sänger Ingo in der Mitte des Circle Pits, der zwischenzeitlich entstanden war. Auch liess er das Publikum wissen, dass er schon einige Schimpfworte in schweizerdeutschem Dialekt beherrschen würde, wie zum Beispiel «Tüpflischisser» und noch ein paar weiteren, die er zum Besten gab. Der Song «We’re Not Gonna Take It» (ein Twisted Sister Cover) kam beim Publikum sehr gut an. Besonders erwähnenswert ist die Einflechtung von Metallicas «Creeping Death» und Manowars «Black Wind Fire And Steel» im Outro.
Kurz darauf betraten die Briten Editors die Bühne; mittlerweile war es dort nicht mehr ganz so sonnig. Der Opener war «Strawberry Lemonade» vom 2022 erschienenen Album «EBM». Die wunderbare Stimme von Tom Smith war leider nicht gut zu hören, da der Soundmix, gerade zu Beginn der Show, ziemlich Bass-lastig war. Smith bedankte sich in schweizerdeutschem Dialekt beim Publikum, um danach etwas ältere Töne anzuschlagen, wie zum Beispiel «An End Has A Start» oder «Bones». Ab «A Ton Of Love» war der Soundmix harmonischer und die Band ab dann sogleich publikumswirksamer unterwegs. Man hatte trotzdem den Eindruck, dass der Funke nicht ganz überspringen wollte – das Publikum war eher verhalten und wirkte teilweise gelangweilt. Etwas mehr Stimmung kam auf, als eine Coverversion von «Killer» (im Original von Adamski) gespielt wurde, da dies eine Überraschung im Set der Editors darstellte. Während des Songs «Smokers Outside The Hospital Doors» wurde die Stimmung immer ausgelassener, und bei der Extended-Interpretation von «Papillon» waren schliesslich alle am Tanzen.
In einer Videobotschaft auf Grossleinwand bat Placebo-Sänger Brian Molko darum, das Konzert ohne das Smartphone zu verbringen und den Auftritt von Placebo im Hier und Jetzt zu geniessen. Die Band um Molko und Stefan Olsdal machte mit dem Song «Taste In Men» den Auftakt ihres Sets. Grün-blaue Visuals untermalten den Sound, der sehr gut abgemischt war. «Scene Of The Crime» vom Album «Loud Like Love» aus dem Jahr 2013 wurde live grandios interpretiert und zog das Publikum in seinen Bann. Gewisse Songs wirkten an diesem Abend wie eine Zeitmaschine, die einen in die ferne Vergangenheit transportierten, wie «Every You Every Me» und «Slave To The Wage» aus den Jahren 1998 und 2000. Die Band hat nichts von Ihrer Energie der frühen Jahre eingebüsst – einzig der neue Look mit Schnauz von Brian irritierte etwas. Aber die Stimme, die Ausstrahlung, noch immer perfekt, emotional und berührend. Beim sehr eingängigen Stück «Try Better Next Time» wurde die Textzeile im zweiten Refrain anstelle von «Cry better next time» spontan in «Free Palestine» angepasst. «Too Many Friends» startete ganz leise am Klavier und wurde mit viel Leichtigkeit interpretiert. «Song To Say Goodbye» kam sehr gut an und wurde im Verlauf des Stücks immer schneller. Nach «The Bitter End» war das offizielle Set beendet; Brian, Stefan und die Band kamen nochmals zurück, um eine fulminante Zugabe zu liefern. Besonders gut kam der Song «Running Up That Hill» (ein Kate Bush-Cover) an, der ein glückliches Publikum in die laue Schaffhausener Sommernacht entliess.