9. November 2018 – 7. Juli 2019
Museum für Kommunikation – Bern
Website: mfk.ch
Sei mal ganz still, was hörst du? Deine Umgebung, das alltägliche Rauschen? Rasen Gedanken auf dich zu und kreisen wild in deinem Kopf? Spürst du deinen Puls und vernimmst deine Atmung? Wir Menschen sind es uns nicht mehr gewohnt, in einer sehr leisen oder gar lautlosen Umgebung zu verharren. Mit der immer moderner werdenden Zivilisation wurde die Natur und deren entspannte Geräuschkulisse in den Hintergrund gedrängt, unsere Psyche musste sich mit Maschinen und Menschenmassen anfreunden. Dass gerade in grossen Städten der fortwährende Pegel an Lärm immer wieder Ursache für Probleme sein kann, das werden wir alle schon selber erlebt haben.
Im Museum für Kommunikation in Bern wird uns allen darum eine Möglichkeit geboten, bis Anfang Juli die „Sounds Of Silence“ zu entdecken. Die modern gestaltete und interessant ausgearbeitete Ausstellung lässt die Besucherinnen und Besucher während des Durchgangs schweigen – alle Arbeiten werden hier mit dem Gehör erledigt. Man schreitet mit Kopfhörern bestückt durch einen grafisch und architektonisch ansprechenden Raum, in welchem an Wänden und Boden diverse Muster und Markierungen aufgetragen wurden. Das erinnert an die Arbeiten der Künstlerin Claudia Comte und je nach Aufenthaltsbereich empfängt man neue Botschaften.
Das Museum hat dafür eine neue Technologie eingesetzt, welche den Raum akustisch in drei Dimensionen aufteilt und somit die Bewegungen der Anwesenden genau orten kann. Dadurch ist es einem frei überlassen, welchen Aspekten der Ausstellung man sich zuerst widmet, wie lange man in bestimmten Klangkulissen ausharrt und wie weit man sich in den Lärm wagt. Denn immer wieder wird es laut, immer wieder vermengen sich Fakten mit Eruptionen.
„Stille ist nichts für Feiglinge“, heisst es passenderweise in der Ausstellung selber. Denn je leiser es wird, desto rastloser und unsicherer fühlt man sich. So wird der ungekürzte Genuss von John Cages „4:33“ eine Herausforderung, die Simulation der absoluten Stille lässt das eigene Blut rauschen. Ist das nun die Beruhigung, welche einem beim Einstieg mit der wunderschönen Schneelandschaft versprochen wurde? Und wieso findet man die Ruhe auch im Hotelzimmer nicht? Ja, die Konfrontation ist bei „Sounds Of Silence“ immer vorhanden, auf diversen Ebenen.
Geschickt hat das Museum für Kommunikation eine interaktive Ausstellung aufgebaut, welche als Erlebnis, wie auch Erfahrung zugleich funktioniert und mit interessanten Fakten und Gedankenanregungen das oft vergessene Prinzip der Stille neu andenkt. Für Menschen, die sich täglich mit Musik umgeben eine spannende Entdeckungsreise, ein angenehmes in sich kehren. Am Ende darf man nebst Ohropax ein kleines Büchlein mit zehn Orten der Stille mit nach Hause nehmen – was wie ein kleines Versprechen an sich selber darstellt, von nun an stärker auf ruhige Momente zu achten, den Lärm öfters zu meiden.
Text: Michael Bohli