16. Dezember 2017
Werk21 – Zürich
Bands: Hanté / Salvation AMP / Sons Of Sounds / Patricia Scheurer
Gegensätze, Abwechslung, Erbe – das erste Sounds From The Heart Festival bot für eine Nacht im Werk21 in Zürich einen interessanten Querschnitt durch die dunkle Szene. Mit direkt gegenübergestellten Vergleichen und einem intensiven Verbund aus Vergangenheit und Moderne wurde der kalte Samstag im Dezember zu einem eleganten Treffen für Freunde und Neugierige. Und dieses Spiel mit den Zeiten war bereits in der Dekoration sichtbar, wurde der Kellerraum des Dynamos doch von elektrischen Kerzen erhellt und Fledermäusen bewohnt, denen nicht nur Ozzy den Kopf abbeisst – waren sie schliesslich leckere Kekse.
Patricia Scheurer, Autorin aus Zürich und seit langem ein bekanntes Gesicht in der Szene, spannte mit der Lesung aus ihrem Roman „Schwarzes Erbe“ den Bogen dann auch gleich vom heutigen Zürich in das tiefe Mittelalter. Ihr Buch handelt von Sinnsuche, Themen des Gothik-Stils, Musik und viel Romantik. Eine Kombination, die für mich selber eher schwierig ist, in der heutigen Zeit aber gut funktioniert und unter den anwesenden Besuchern viel Anklang fand.
Umso interessanter war es, dass als erste Band dann Sons Of Sounds aus Karlsruhe das Banner des Heavy Metal hochhielten und auf diese Burg-Fantasien pfiffen. Die drei Brüder liessen sich von der ungewöhnlich tiefen, weil gesundheitlich angeschlagenen Stimme des Bassisten und Sängers Roman Beselt nicht beirren und lotsten ihre Musik geschickt durch harte Instrumentalpassagen und melodische Refrains. Für diesen Abend näher bei Type O Negative als üblich, dafür weiterhin eine packende Mischung aus Achtziger-Anleihen, Art-Rock und komplexen Rhythmuswechseln. Schade, wollte das Publikum die Energie des Trios nicht ganz willentlich aufnehmen.
Salvation AMP aus Detmold hatten mit ihrem Gothic Rock etwas mehr Glück, forderten ihre Wave-Gitarren, tiefen Gesänge und schweren Takte doch förmlich zum Ausdruckstanz auf. Seit 2010 wiedererstarkt, war dieses, in der Szene schon seit den Neunzigern bekannte Trio eine kraftvolle Aussprache für die Vielfältigkeit an solchen Anlässen. Gerne elegisch, immerzu mysteriös und doch durchdringend liess ihre Musik das Publikum zu einem geschlossenen Ganzen werden. Da störte es auch nicht, dass die Scheinwerfer frech bunte Lichtschwaden über die dunklen Klänge ergossen.
Hélène de Thoury umging diese Beleuchtung zum Teil, liess sie ihre Lieder schliesslich von passenden Projektionen begleiten. Die französische Künstlerin nutzte des Festival für ihren ersten Auftritt in der Deutschschweiz unter dem Namen Hanté und beendete diesen Konzertreigen mit ihren pochenden Beats und synthetischen Tanzbefehlen des Cold Wave. Alleine vor einer schieren Armada aus Geräten und Knöpfen behauptete sie sich mit ihrer Stimme gegen eine Armee aus dröhnenden Tönen, tiefen Bässen und düster gefärbten Emotionen.
Wem das Sounds From The Heart Festival bisher zu analog war, der kam hier endgültig auf seine Synthie-Kosten und liess Kleid und Haar durch die Luft gleiten. Und auch mit der After-Party setzten die Verantwortlichen dieses kleinen Fests ein weiteres Ausrufezeichen hinter die Vielfältigkeit und Offenheit der Geister. Ob Gothic, Wave, Metal oder einfach nur romantisch verklärt, das schwarze Vermächtnis hat viele Formen und Körper – der Verbund machte diese Vielseitigkeit noch schöner.
Text: Michael Bohli