Solothurner Filmtage 2021
221 Filme aus der Schweiz gibt es an den 56. Solothurner Filmtage zu betrachten – da sollte klar sein, dass die Auswahl das gesamte Spektrum des Schaffens abzudecken vermag. Oder zumindest versucht. Je nach eigener Entscheidung schafft man es sogar, etablierte Namen frischen Talenten gegenüberzustellen und somit einen grossen Bogen zu spannen. Am vierten Tag unserer Berichterstattung wagen wir dies, Bettina Oberlis neuer Spielfilm begleitet von Daniel Best Arias Abschlussarbeit. Dazu eine Dokumentation über einen viel zu unbekannten Künstler aus dem Engadin, unser Land bleibt bunt.
Praktische Informationen:
Die Filmplattform ist online und der Festivaldesk eröffnet: Für sämtliche Online-Filmvorführungen können auf unserer Website ab sofort Tickets gekauft und die Filme reserviert werde. Die Filme sind ab dem Eröffnungsabend am 20. Januar 2021 gemäss ihrem jeweiligen Starttag verfügbar.
Alle Filme starten während des Online-Festivals täglich um 12 Uhr und am Eröffnungsabend um 22 Uhr. Die Filme bleiben nach dem Filmstart während 72 Stunden online verfügbar. Einmal gestartet, bleiben Ihnen 36 Stunden Zeit, um den Film / das Filmprogramm fertig zu schauen.
Das Programm ist aus rechtlichen Gründen nur in der Schweiz verfügbar.
Wanda, mein Wunder
Land / Jahr: Schweiz / 2020
Regie: Bettina Oberli
Website: wandameinwunder.ch
Mit ihrem letzten Langfilm „Le vent tourne“ (2018) überzeugte mich die Regisseurin Bettina Oberli durch die ruhige Erzählart und der Suche nach Liebe in der heutigen Welt. Wanda, mein Wunder setzt dieses Schaffen fort, verlagert das Geschehen aber in eine Villa am See, bewohnt von einer reichen Unternehmerfamilie. Interne Streitereien, der pflegebedürftige Rentner Josef und die polnische Pflegerin Wanda, welche plötzlich schwanger wird.
Das Drama jongliert mit Klischees und überzeichneten Charakteren, die wie vom Reissbrett wirken. Geldgierige, fremdenfeindliche Schweizer*innen, ohne Verständnis für Nähe und Zuneigung. Sehr wohl existieren solche Menschen, nicht zu wenige gar, der Film weiss diesen Grundsätzen jedoch nichts Neues zu entlocken. Niemals komplett ein Drama, selten eine Komödie und voller abrupten Wendungen. Geld und Fassade prallen auf Leidenschaft und Wahrheit – zurück bleibt ein unausgegorenes Gefühl. Auch die Musik von Grandbrothers hält sich meist im Hintergrund.
Wanda, mein Wunder läuft vom 23. bis 26. Januar.
Das Ende der Unschuld
Land / Jahr: Schweiz / 2020
Regie: Daniel Best Arias
Website: filmstudieren.ch
Jugendlicher Leichtsinn führt zu Problemen – etwas salopp formuliert liegt diese Bemerkung der ZHdK-Abschlussarbeit von Daniel Best Arias zugrunde. Manuela und Vanessa erleben an einer Party einen Dreier und müssen mit der daraus resultierenden Schwangerschaft klarkommen. Monate später führt dies nicht nur zu einer erneuten Annäherung, sondern ungeahnten Komplikationen.
Nahe und fliessend gefilmt, erzählt Das Ende der Unschuld den zentralen Teil der Geschichte in langen Aufnahmen ohne Schnitte, man umtanzt die Schauspieler*innen, man ist in ihrer Welt eingeengt. Eine interessante Perspektive, die leider durch das hölzerne Spiel einzelner Personen getrübt wird. Ebenso will das Drehbuch zu schnell zu viel, bleibt dabei in all der Dramatik sehr oberflächlich und erzählt mit merkwürdiger Moral wenig Frisches. Schade auch, wurde die nicht-lineare Erzählweise plakativ mit einem VHS-Spuleffekt dargestellt. Da dürfte man seinem Publikum mehr zutrauen.
Das Ende der Unschuld läuft vom 24. bis 27. Januar.
Not Me – A Journey With Not Vital
Land / Jahr: Schweiz / 2020
Regie: Pascal Hofmann
Obwohl ich der zeitgenössischen Kunst mit grossem Interesse entgegentrete, habe ich zu meiner Schande noch nie von Not Vital gehört. Ende der Vierzigerjahre im Unterengadin geboren, ist der bis heute aktive Künstler ein grosser und weltweit geschätzter Name, der allerdings in der Schweiz lange zu unbekannt blieb. Mit dem verträumten Dokumentarfilm Not Me – A Journey With Not Vital wird diese Situation ein kleines Stück korrigiert.
Zum Glück hat Regisseur Pascal Hofmann nicht den typischen Weg einer biografischen Abhandlung gewählt, sondern versucht, die Mystik in Vitals Schaffen auch in den bewegten Bildern einzubringen. Fabeln, Zeitsprünge, Schauspiel und Archivaufzeichnungen mischen sich zu einem komprimierten Lebensabbild, vieles bleibt als Rätsel bestehen. Gefühle und Stimmungen stehen im Vordergrund, nicht die Erklärungen.
Das kann verwirrend sein und ist in den knappen 80 Minuten Laufzeit nicht immer gleich ergiebig, als Herangehensweise an Not Vitals Arbeit aber keineswegs falsch. Die Lust, sich mit der Person und den Kunstwerken auseinanderzusetzen ist auf jeden Fall vorhanden.
Not Me – A Journey With Not Vital läuft vom 24. bis 27. Januar.
Text: Michael Bohli