Datum: 30. April 2012
Ort: Kofmehl – Solothurn
Bands: Schandmaul
Ein bunt gemischtes Publikum füllt langsam aber sicher das Kofmehl in Solothurn. Achtung: Keine Vorband! Schandmaul beginnen pünktlich um 20:00 Uhr. So war die Ankündigung des Veranstalters. Pünktlich um 20:10 Uhr schlurft ein Techniker mit einer roten Les Paul über die Bühne. Pünktlich um 20:20 Uhr macht sich der Lichttechniker im FOH bereit. Das Publikum wird langsam unruhig. Einige ungeduldige Pfiffe werden laut, aber dann geht alles sehr schnell:
Das Licht erlischt, bis auf einen blauen Schimmer und Schandmaul entern die Bühne. Mit dem schwungvollen Instrumental „Das Mädchen und der Tod“ beginnen die Münchner ihre letzte Show der Traumtänzer-Tour. Danach begrüsst Sänger Thomas Lindner die beiden Gäste auf der Bühne; Die „Schwangerschaftsvertretungen“ von Anna Kränzlein und Birgit Muggenthaler; Ally Storch (Ally the Fiddle) und Jutta Simon-Alt (Die Irrlichter). Die beiden erweisen sich im Folgenden als grossartige Musikerinnen. Die Nachricht, dass Anna ihr Kind letzte Woche auf die Welt brachte und Birgit wahrscheinlich nächste Woche, wird mit ebenso begeistertem Applaus aufgenommen, wie das folgende Stück „Auf hoher See“ vom Traumtänzer-Album.
Bald folgt mit den „Herren der Winde“ der erste „alte Schinken“ und, wie nicht anders zu erwarten, hüpft und tanzt der ganze Saal. Die Temperatur im Kofmehl ist zu diesem Zeitpunkt schon beachtlich gestiegen – ein wahrer Hexenkessel. Schliesslich ist heute ja auch Walpurgisnacht!
Der Abend bietet eine Reise durch die verschiedenen Phasen der Band. Neuere Stücke wie „Geas Traum“, der „Pakt“ oder der „Wolfsmensch“ (von „Anderswelt“) sorgen ebenso für Stimmung wie „Die Goldene Kette“, „Der Hofnarr“ oder das „Teufelsweib“. Auch das Flamenco-Flair von „Bis zum Morgengrauen“ sorgt für gute Laune. Der begnadete Geschichtenerzähler Thomas Lindner garniert das Konzert mit Anekdoten und ist zu so manchem Scherz aufgelegt. Überhaupt ist die ausgelassene Stimmung der Band am letzten Abend ihrer langen Tour deutlich zu spüren.
Insgesamt fällt auf, dass vor allem die Klassiker die Stimmung zum Überkochen bringen. Und so findet das rauschende Fest seinen vorläufigen Höhepunkt in der „Walpurgisnacht“. Eine friedlich tanzende Meute, wie sie auf dem Blocksberg nicht ausgelassener sein könnte. Sogar eine Polonaise zieht ihre Bahn durch den Saal. Das alt bewährte „Mädchen-Gegen-Jungs-Singen-Spiel“ bewährt sich auch an diesem Abend. (Natürlich bei „Gebt acht!“).
Nachdem die Band die Bühne zum ersten Mal verlassen und in einer wahren „Laola-Flut“ wieder betreten hat, verlangt Thomas Lindner nach einer „Feuerzeug-Milchstrasse“ und erhält diese für das folgende „Dein Anblick“. Auch an diesem Abend ein gefühlvoller Höhepunkt, schaut man die Gesichter der Umstehenden.
Als Barhocker und Akustik-Gitarre gebracht sind und sich nur noch Thomas Lindner und Gitarrist Martin Duckstein auf der Bühne befinden, arten die Scherze aus: Nachdem „Ducky“ das Publikum zu einer spontanen Runde „Alle meine Entlein“ angestiftet hat, stimmen die beiden das „Trinklied“ an, doch nach dem ersten Refrain geht das lyrische Folk-Picking unvermittelt in raue Powerchords über und nachdem Thomas ein Textblatt vom Bühnenrand aufgelesen hat zitieren beide, sehr zur Freude des Publikums, eine Strophe von Rammsteins „Los“. Als dann mittels Deo-Spray und Feuerzeug auch noch eine Pyro-Show improvisiert worden ist, ist der Spass perfekt. „Was Rammstein kann, können wir schon lange!“ Schandmaul sind so charmant auf der Bühne, dass man sich gerne auf Spielchen einlässt, wie das „Freeze, Slow Motion, Zombie-Spiel“, welches sich noch vor Ende des Trinkliedes anschliesst. Das ganze Publikum läuft als Zombies durcheinander. Ein Bild, dass sich mir so auch noch nie bot.
Zum Abschluss wird es wieder ernster. Das ohnehin schon wunderschöne „Willst Du?“ wird, heute von Juttas Oboenspiel veredelt, zu einem wahren Ohrenschmauss. Mit einem letzten Bonbon, einer „Melodie zum mit nach Hause nehmen“, entlässt Schandmaul das Publikum in eine überraschend frische Frühlingsnacht.
Text: Dennis Bäsecke