Rina Sawayama + Patric Pleasure
Volkshaus – Zürich
Donnerstag, 16. Februar 2023
Text + Bilder: Anna Wirz
Mit Kostümwechseln, Backup-Tänzerinnen und glitzerndem Cowboyhut ist Rina Sawayama ein angehender Popstar, für den das Volkshaus Zürich in Zukunft zu klein sein wird. Sehr bekannt ist sie im Moment in der Schweiz noch nicht; so war der Saal an diesem Abend zwar lange nicht gefüllt, das Publikum dafür umso hingebungsvoller. In Club-Outfits gekleidet, sangen die Fans jeden Song textsicher mit und strahlten bis über beide Ohren. „I want to make you feel happy“, sagte Sawayama zu Beginn des Konzerts – und das tat sie. Sie überzeugte mit glasklarer Stimme und charismatischer Präsenz. „Hold The Girl“ heisst das neue Album; der Titeltrack wurde ohne Umschweife an den Anfang der Setlist gesetzt – der erste Höhepunkt war damit schon abgehakt.
Weitere Highlights folgten in der Mitte des Konzerts mit den beiden Krachern „Imagining“ und „STFU!“ – Pop- und Hip-Hop-Beats, gemischt mit Metal; das funktionierte, es ging ab im Volkshaus. Dann der Wechsel zu sanfteren Klängen in „Bad Friend“ und schliesslich ganz akustisch mit „Send My Love To John“: Sawayama und ihre Gitarristin am Bühnenrand, auf Hockern sitzend, ruhig und wunderschön. Vor dem Song sprach Rina Sawayama über Therapie und psychische Gesundheit. Solche Geständnisse von der Bühne bergen immer die Gefahr, zu kitschig und ernsthaft zu werden, doch Sawayama blieb auf der humorvollen Seite dieser Gratwanderung. Das Publikum nahm die Botschaft begeistert auf, klatschte und rief „We love you!“.
Nach der Verschnaufpause wieder zurück in die Club-Atmosphäre: bei „Comme Des Garçons (Like The Boys)“ wummerte der Bass, dass es eine Freude war, und „XS“ brachte alle zum Ausrasten – der ganze Saal war am Tanzen. Zum Abschluss eine Prise Country Rock mit „This Hell“: Cowboyhüte auf der Bühne und im Publikum, es gab Line Dancing und Call-and-Response Gesang und Sawayamas Band spielte, als gäbe es kein Morgen. Riesenjubel, glückliche Gesichter.
Viel zu kurz war es, aber Sawayama steht erst am Anfang ihrer Karriere; die Konzerte werden länger werden. Sie hat das Zeug, eine Pop-Queen zu sein, ist sie ja jetzt schon ein Star unter online-affinen Popfans und in der queeren Community. Im Moment ist sie in einer interessanten Zwischenphase, in der sie gleichzeitig nahbar und diva-esk wirkt. Ihre Musik macht am meisten Spass, wenn sie experimentierfreudig ist und Genres mischt; die reinen Popsongs klingen ein Quäntchen zu beliebig. Bleibt zu hoffen, dass Sawayama weiterhin das Sound-Abenteuer sucht.
Als Support wäre im Volkshaus Empress Of aufgetreten, doch ein Streik in Paris machte ihr einen Strich durch die Rechnung. Schade. Stattdessen sprang der Zürcher DJ Patric Pleasure ein und sorgte mit hervorragend ausgewählten Disco-Songs für die richtige Stimmung vor Sawayamas Konzert.