16. November 2016
Hallenstadion – Zürich
Bands: Placebo / The Joy Formidable
Sicher kennst Du dieses Gefühl: Du feierst deine Geburtstagsparty und bestenfalls noch ein rundes Jubiläum oder eine Schnapszahl – und irgendwie hast du Angst, dass die Party dann doch keine Überraschungen bergen wird. Vielleicht ist es zu Beginn wie vermutet, die Gäste müssen sich zuerst an alles gewöhnen und beginnen zögerlich mit dem Feiern. Doch plötzlich wird es wild und du wachst am nächsten Morgen auf und denkst nur noch – wow. Genau so war es beim Jubelkonzert von Placebo auf ihrer 20-Jahre-Melancholie-Tour, auf eine Eingewöhnungszeit folgte die grosse Sause.
Der Halt in Zürich war eine Ehrensache, ist das Publikum in der Schweiz doch schon seit Anbeginn der Karriere der düsteren Rocker immer zahlreich und mehr als begeistert. So auch an diesem Herbstabend im Hallenstadion – man erschien dunkel gekleidet und voller Freude und liess sich von einer wunderbar durchmischten Setliste mitreissen. Sicherlich setzen Placebo – welche auch hier wieder mit wunderbar grosser Band auffuhren – einige Male auf Klassiker und immer noch unwiderstehliche Hits, aber geschenkt. Wenn eine Band wie die Meister aus London in ihrem Werdegang so viele Gassenhauer angesammelt haben, dann darf man sich auch für einmal auf diesen ausruhen und die Thematik des Abends darauf aufbauen.
Brian Molko mit superkurzen Haaren, scheinbar immer noch Jahrzehnte jünger als er eigentlich sein sollte, führte seine Musiker von „Pure Morning“ über „Devil In The Details“ zu neueren Krachern wie „Loud Like Love“. Stefan Olsdal stand schlacksig daneben am Bass und betörte ebenfalls mit dem Piano, doch meist waren Placebo in dieser neusten Inkarnation laut und majestätisch. „Space Monkey“ liess den Saal erbeben, eine rockige und schnelle Version von „Song To Say Goodbye“ liess den packend gefüllten Innenraum wild tanzen. Nach einem Set voller trauriger und schwerer Lieder wurden die Hemmungen abgestreift, und erst bei den Zugaben mit „Teenage Angst“ oder „Infra-Red“ zeigte man sich wieder in depressiver Stimmung.
Und wie es sich für eine Rückschau gehört, wurde das Konzert mit dem Videoclip zu „Every You Every Me“ eingeleitet und während der Show auf grossen Screens mit Einblendungen und wilden Visuals untermalt. David Bowie schaute virtuell bei „Without You I’m Nothing“ vorbei, an Leonard Cohen wurde gedacht und der krönende Abschluss erfolgte mit der Huldigung an Kate Bush – „Running Up That Hill“ ist in der Version von Placebo einfach unschlagbar. Da passte es auch, dass The Joy Formidable als Power-Trio den Abend einleiteten und schon einmal mit ihrem energetischen Rock die Girlanden etwas ansengten und Stühle am Küchentisch umwarfen. Denn eine solche Geburtstagsfeier sollte schliesslich bei niemandem so schnell in Vergessenheit geraten.
Setlist [Quelle: setlist.fm]
1. Pure Morning
2. Loud Like Love
3. Jesus‘ Son
4. Soulmates
5. Special Needs
6. Lazarus
7. Too Many Friends
8. Twenty Years
9. I Know
10. Devil In The Details
11. Space Monkey
12. Exit Wounds
13. Protect Me From What I Want
14. Without You I’m Nothing
15. 36 Degrees
16. Lady Of The Flowers
17. For What It’s Worth
18. Slave To The Wage
19. Special K
20. Song To Say Goodbye
21. The Bitter End
Zugabe
22. Teenage Angst
23. Nancy Boy
24. Infra-red
25. Running Up That Hill (A Deal with God) [Kate Bush]
Text: Michael Bohli
Bilder: Miriam Ritler