Otis Taylor + Thorbjørn Risagers & The Black Tornado
Volkshaus – Basel
Mittwoch, 21. Dezember 2022
Text: Torsten Sarfert
Der letzte Abend des Blues Festival Basel fing recht unspektakulär an. Im ausverkauften und grösstenteils bestuhlten Volkshaus eröffneten die sympathischen Dänen Thorbjørn Risagers & The Black Tornado den Abend. Es sei der Band gegönnt auf der Bühne des Volkshauses zu spielen, jedoch würde ich persönlich diese mit scharfen Bläsern angereiste Soul/Funk/Bluesband doch lieber in einem verschwitzten kleinen Club sehen und hören. Ihre musikalische Qualität stellten sie jedoch mühelos auch auf der grossen Bühne unter Beweis und brachten sogar Teile des Publikums pünktlich zur Zugabe mit ihrem Pub-Rock zu stehenden Ovationen. Soweit, so (positiv) unspektakulär. Die Dänen lieferten eine unterhaltsame, mit launigen (deutschen) Ansagen gespickte Show, die nichts zu wünschen übrig liess. Ausser vielleicht noch ein paar Zugaben mehr.
Nach einer längeren Umbaupause kam dann der gefühlte Hauptact Otis Taylor auf die Bühne. Oder besser gesagt, er schlich auf die Bühne und zum Mikrophon und sagte – nichts. Dies brachte ihm sofort die ungeteilte Aufmerksamkeit des Publikums ein. Verbal geteilt wurde das Publikum vom Altmeister aus Colorado dann jedoch in zwei Hälften, rechts in „cool“ und links in „crazy“ – seine beiden vorherrschenden Gefühlszustände. Wobei er zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste, welchem Gefühlszustand er musikalisch den Vorzug geben sollte. Zum Glück entschied er sich schliesslich für beide und schaffte damit, das komplette Publikum nachhaltig in seinen Bann zu ziehen. Man konnte während seiner (teils unverstärkten) Ansagen die sprichwörtliche Stecknadel fallen hören.
Dies änderte sich (glücklicherweise) sobald er anfing seine Stratocaster oder sein custom made E-Banjo zu bearbeiten. So ruhig die Ansagen, so dynamisch und teils brachial wurden die Stücke von Otis Taylor und seiner überaus tighten, höchstens halb so alten Rhythmusgruppe dargeboten. Wer hier einen gepflegten Chicago- oder ähnlich kategorisierten Blues erwartete, wurde möglicherweise etwas vor den Kopf gestossen. Für offene Ohren war es jedoch eines dieser Konzerte, die man nicht vergessen wird: Intensiver psychedelischer Blues-Punk, vorgetragen von einem Mittsiebziger, der konsequent sein Ding durchzieht. Zum Beispiel nach einem Ausflug ins Publikum mit der Mundharmonika einfach mal ganz selbstverständlich den Saal verlassen. Hektik bei den Veranstaltern. Die Rhythmusgruppe spielt durch. Draussen sind ja auch die WCs, ob er vielleicht… ach nein, da ist er ja schon wieder.
Zurück auf den Brettern eine Version von „Hey Joe“, die wahrscheinlich selbst Herrn Hendrix Respekt abgenötigt hätte. Ein bisschen Verbeugung vor Bo Diddley mit „Who do you love?“ – ansonsten nur eigene Stücke mit geradezu opernhafter Dramaturgie. Puh. Was macht der alte Mann mit dem Outfit vom Woolworth Grabbeltisch und dem unvergleichlichen Gitarrentiming da nur? Und wie? Auf jeden Fall galt es hier keine Triole oder sonst etwas zu verpassen.
Da kam es dann den wenigen Besucher*innen mit Stehplätzen am Rande der Veranstaltung nur gerade Recht als Otis Taylor zur Zugabe alle direkt vor die Bühne beorderte und dort für die letzten knapp 15 Minuten die eingangs vermisste Club Atmosphäre generierte. Cool & Crazy!
Bild: Torsten Sarfert