19. Februar 2016
Royal – Baden
Bands: O.R.k / Komara
Zu welchem Zeitpunkt greift der Begriff Supergroup? Müssen nur ein paar bekannte Musiker zusammen eine Band gründen und schon frisst ihnen die gesamte Welt aus der Hand? Doch wer definiert dies eigentlich? Denn was sich an diesem Freitagabend im Royal in Baden abgespielt hat, war nicht nur aussergewöhnlich, sondern auch eine Geburt völlig neuer Gruppierungen. Dabei steht das alternative Kulturlokal sonst nicht im Stern des Progressive Rock. Aber wenn ein extrem sympathischer Schlagzeuger für ein Konzert auffordert, dann sagt so schnell niemand nein.
Pat Mastelotto ist seines Zeichens nicht nur Mitglied der Urformation King Crimson, sondern auch ein lebens- und experimentierfreudiger Musiker, der das Schlagzeugspiel neu definiert. Und wenn er nun mit seiner neuen Band O.R.k durch Europa tourt und auch kleinere Orte beehrt, dann gibt es kein Halten mehr. Obwohl, das Fixieren seiner Outputs ist ein schwieriges Unterfangen. Sein Geist und sein Schaffen durchkreuzen genau so viel Genres, wie sie auch an Technik und Gefühlen mitwirbeln lassen.
Somit war der Auftritt von Komara ein Einlullen in fremde Welten. Klanglich schwierig festzuhalten, griffen die Musiker nicht nur den Geist des Art-Rock, sondern auch des Jazz und der freien Improvisation auf. Muster und Harmonien geisterten durch den alten Kinosaal und formten sich plötzlich zu heftigen Abstürzen mit verzerrten Schreien und wilden Gitarrenriffs. Eher eine Übung in Meditation der musikalischen Form, als klares Konzert. Die Besucher suchten jedoch genau diese Herausforderung, somit war ein früher Jubel und tiefe Begeisterung sofort vorhanden.
Wobei die Meditation leider nach etwas mehr als einer Stunde ihr Ende fand. Was in der Zeit für Welten und Täler durchschritten wurden, lässt sich ein Tag danach nicht mehr in Worte fassen. Adam Jones hatte schon den richtigen Riecher, als er seine Hauptband Tool hinterging, um Komara grafisch zu unterstützen. O.R.k als Hauptband fanden diese malerische Gestaltung in ihren Liedern mit Klängen.
Im Gegensatz zu der sehr sphärisch schwelgerischen Vorband suchte die aus vier Ländern abstammende Gruppierung eine neue Art der Musik zu formen. Krasse Anfälle des Math-Rock kreuzten sich mit viel Electronica, nur um sich dann in den melodiösen Art-Rock mit heftig groovenden Rhythmen zu verlieren. Colin Edwin brachte den Geist von Porcupine Tree zum König, Lorenzo Esposito Fornasari sang Italien in den Saal und Gitarrist Carmelo Pipitone tobte sich mehrmals nah am Bühnenrand aus.
All diese Einflüsse vermengten sich zu einer eindringlichen und mitreissenden Version von zeitgenössischer und ideenreicher Musik. Egal ob man sich lieber auf Melodien, Effekte oder Takte stützt, diese Inkarnation aus mehreren bekannten Gruppierungen weiss der Musikwelt frischen Wind einzuhauchen. Dabei verwunderte nicht nur das Können der einzelnen Musiker, sondern auch ihre Spielfreude und die Offenheit. Ein reizvoller Abend für alle offenen Geister.
Text: Michael Bohli