3. Februar 2019
Diverse Lokale – Baden
Bands: Bigott / Illuminine / Trio Heinz Herbert / Lewsberg / Kush K
Website: ooam.ch
Wer, wie wir, den Samstag immer noch in allen Fasern seines Körpers spürte, der wagte fast nicht zu hoffen, dass der dritte Tag am One Of A Million Festival in Baden wieder so positiv erschütternd werden könnte. Die Festivalleitung und ihr Programm zeigten im Verlauf des Tages aber schnell, dass dies auch gar nicht sein muss – man kann die Besucherinnen und Besucher auch anderweitig begeistern.
Wer am Vorabend in der Stanzerei bis früh morgens noch das Tanzbein geschwungen und sich danach glücklich und verkatert ins Bett fallen lassen hat, konnte sich am nächsten Mittag in der Badener Altstadt von den sphärischen Klängen von Kush K berieseln lassen. Das Trio aus Zürich bot eine wilde Mischung aus ohrwurmverdächtigen Melodien und experimentellen Synthie-Sounds, abgerundet von der seidigen Stimme der Sängerin Catia Lanfranchi. Erst im vergangenen November erschien ihr erstes Album „Slow Saturation“ mit fünf Tracks. Damit beweist die Band definitiv, dass es für Vielfältigkeit kein Sammelsurium an Tracks benötigt. Reinhören lohnt sich auf jeden Fall!
Wer sagt denn, dass die Ernsthaftigkeit der heutigen Generation an Bands abhandengekommen ist? Die 2017 formierte Truppe Lewsberg aus Rotterdam bot den Spassgesellschaftern und sorgenlosen Millennials die Stirn mit ihrem stoischen Garage-Rock, mit ihrem fadengraden Post-Punk und den minutenlangen Noise-Eruptionen. Das katapultierte das Quartett direkt zwischen Lou Reed und damalige Konsorten, mit vielen Riffs zwischen den Schlägen und einem trockenen Nachgeschmack. Was den Spass zu keiner Sekunde schmälerte, sondern mit den intelligenten Texten die reduzierte Musik noch fesselnder gestaltete. Das war weit mehr als Wörter in Büchern, auf Regalen.
Die sonntägliche Prise Jazz gab es in der Stanzerei. Das Trio Heinz Herbert verzückte allerdings nicht hauptsächlich mit vertrackten Rhythmen und Gitarrenfrickeleien, sondern gab seinem Sound immer wieder einen tanzbaren Boden aus tiefem Bass und treibendem Schlagzeug. „Jazz“ wäre also eine Untertreibung: Trio Heinz Herbert ist auch Noise, Electro und ein bisschen Post-Rock. Eine Wühlkiste an Genres, die man selten in Verbindung bringt, die aber wunderbar zusammengehen. Und so war die Angelegenheit auch nicht zu verkopft, sondern unterhaltsam und spannend beim Zuschauen und -hören. Schade nur, dass sie ihr Merch unter dem Auto vergessen hatten – wie auch immer das dorthin kam.
Beim Betreten der Druckerei bot sich dann ein ungewohntes Bild: Die meisten Zuschauer hatten es sich auf dem Boden sitzend gemütlich gemacht, um dem Quartett Illuminine zu lauschen. Das passte auch zu den ruhigen Klängen: Mit Piano, Gitarre, Geige und Cello zauberten die Belgier sanfte Melodien, die durch den Raum schwebten und einen in sich versinken liessen. Laute Momente und wilde Ausbrüche waren hier nicht nötig, man gab sich gerne verträumt und mit geschlossenen Augen der atmosphärischen Musik hin. Ein Ort, um Kraft zu tanken für den letzten Akt im Royal.
Obwohl auch der sonntägliche Abschluss mit der spanischen Band Bigott jeden wieder frisch machte. An diesem Auftritt im Royal war nichts Scheinheiliges zu finden, von der ersten Sekunde an verführte Frontmann Borja Laudo mit seinem komödiantischen Gebaren und seinen wunderbar glücklichen Indie-Songs. «Friendly Monsters» nennt er passenderweise das neuste Album, welches mit energetischen Rhythmen und würzigen Melodien alle zum Tanzen brachte. Wunderschön auch, dass gegen Ende des ausgelassenen Konzertes sogar Besucherlegende Charly auf die Bühne durfte. Versöhnlicher und zufriedenstellender kann eine Woche gar nicht enden.
Nun heisst es aber erst einmal Ruhe und Erholung, das One Of A Million Festival geht für einen Abend in den Schlummerzustand, um am Dienstag dann wieder voller Wucht die Pforten zu öffnen.