3. Februar 2018
Diverse Lokale – Baden
Bands: Berndsen / Vilde / Vouipe / Chelou / Tatum Rush / Setz Faergolzia / Adam Torres / Jon Hood / Acid Amazonians / Nobody Reads
Tag zwei des One Of A Million Festivals bot besondere Spielorte – unter anderem einen Bikeshop, eine alte Werkstatt oder auch die städtische Bibliothek. Und auch musikalisch wurden einige Purzelbäume geschlagen, was den langen Konzerttag aber umso kurzweiliger werden liess. Ein Streifzug durch die Lokale von Baden und Kunstformen also.
Improvisation – einen Umstand, den man an Festivals selten antrifft, muss hier doch alles durchgeplant sein. Acid Amazonians nutzten aber die wenigen Freiheiten, um in dem alternativen Ort Werkstatt elektronische Gedankenspuren und Frequenzverschiebungen unvorbereitet zu modulieren. Aufgepeppt mit Gesang, Gitarre und selbstgebastelten Gerätschaften wurde diese elektronische Musik zu einer Grosstat weiblicher Kunst.
Jon Hood bauten ihr Set in der Stadtbibliothek auf. Zwischen Reiseführern, Krimis und Bestsellern präsentierte das Trio sein Debütalbum „Body Semantics“ – und irgendwo zwischen atmosphärischem Folk und verträumtem Pop schwebend passte die sonstige Stille einer Bibliothek perfekt.
Von der Schweizer Szene nach Amerika ging es mit dem grundsympathischen Stimmenzauberer Seth Faergolzia. Im Gewölbekeller der Cava Bar liess er nicht nur seine eigenen Laute vielfach geschichtet auf die interessierten Besucher prallen, sondern inszenierte Choreografien und absurde Textsituationen. Schade nur, durfte er hier seine gewohnte Spielzeit nicht vollends ausleben, diesem Künstler würde man gerne ewig zuschauen und -hören.
Mit Italo-Disco-Optik, blauen Lederjacken und Glitzerhosen kamen Tatum Rush und seine Begleiter im Club Joy daher. Der Schmuddel-Funk-Musiker mit Kopftuch wurde nicht nur von einem DJ, sondern auch einem hocherotischen Tänzer mit getönter Sonnenbrille und blondierter Frisur begleitet. Die Männer wissen jedenfalls, wie man gute Stimmung verbreitet und passten auf viele Arten perfekt ins Casino.
Mit dem Singer-Songwriter Chelou aus den UK öffneten sich die in die Stanzerei und der bereits jetzt als zukünftige Star gefeierte Musiker zeigte mit einem Schlagzeuger als Begleitung seine Bandbreite. Dem etwas zähen Beginn und der kurzen Konzertlänge war es zwar geschuldet, dass die Stimmung nicht immer auf dem Höhepunkt war – dank toll gespielter Gitarre und Mut zum ausufernden Ende wurden Besucher und Bühnengäste aber dann doch noch versöhnt.
Der anschliessende Weg in die Druckerei war zugleich der direkte Weg zurück in die Achtziger: Das Trio Berndsen aus dem kalten Island heizte dem Publikum hier mit mächtig viel Synthies und rosa Schulterpolster-Lederjacke so richtig ein. Mal spassig, mal wütend und immer aufgedreht zeigte Namensgeber David Berndsen keine Kontaktscheue und stieg gerne immer wieder ins Publikum. Und wer zuvor Tatum Rush mit Channing Tatum verwechselt hatte, bekam hier doch noch seine Strip-Einlage.
Etwas gezügelter zeigte sich danach das Duo Vouipe im Royal: Die Westschweizer lassen lieber ihre Lieder und visuellen Mittel sprechen, als sich mit Kapriolen zu verausgaben. Wer aber neben Projektionen, Scheinwerfer und LED-Wänden auch gleich noch Alphorn, Didgeridoo und französischen Gesang zum House bietet, der muss sich nicht mit seinem Körper profilieren. Dafür fingen hier alle Anwesenden den Tanzvirus ein und liessen die Luft im ehemaligen Kinosaal zu den Tracks von „Kraken“ schnell heiss werden.
Und wer nun denkt, das One Of A Million Festival habe jetzt bereits das Pulver verschossen, der wird am Sonntag mit einer Installation im Museum, Spezialkonzert in einer Villa und wuchtigen Trios eines Besseren belehrt.