Monkey3 + Hathors + 24/7 Diva Heaven + Rue Des Cascades
Salzhaus – Winterthur
Samstag, 6. November 2021
Text: David Spring
Lange mussten wir auf Konzerte warten, doch langsam kommt die Maschinerie wieder ins Laufen. Höchste Zeit, dass eine der lautesten Schweizer Bands ein kleines Indoor-Festival veranstaltete. Die Rede ist von den Hathors, deren Mastermind Marc Bouffé in drei Winterthurer Clubs zum schweisstreibenden Stelldichein lud. Am abschliessenden Samstagabend waren wir im Salzhaus vor Ort.
Los ging es mit Rue Des Cascades aus Winterthur. In deren Instagram-Name steht gross das Wort Punk, logischerweise habe ich Dusel nichts anderes als drei Akkorde und 50-sekündige Songs erwartet. Wie sehr ich mich damit geirrt habe, zeigte sich spätestens dann, als sich die ersten Töne nicht als sphärisches Intro, sondern als eine beinahe 10-minütige Geräusch- und Soundcollage entpuppten. Ein Grossteil des Publikums war erstmal etwas überfordert.
Was auf der Bühne abging, war faszinierend. Der Bassist stand mit dem Rücken zum Publikum gewandt und flüsterte merkwürdige Worte ins Mikrofon, der Gitarrist schraubte unentwegt an seinen unendlich vielen Effektpedalen herum und der Drummer traktierte seine Becken, als gäbe es kein Morgen. Die gewaltigen Sound- und Lärmwände, die fabriziert wurden, waren keine einfache Kost, aber erstaunlich abwechslungsreich und betörend. Meine Lieblingsband werden Rue Des Cascades vielleicht nicht werden, interessant und künstlerisch höchst anspruchsvoll war es jedoch.
Zu einer meiner derzeitigen Lieblingsbands kamen wir als nächstes. Mit 24/7 Diva Heaven standen illustre Gäste aus dem Ausland auf der Bühne, die schon öfters mit den Hathors zusammengespielt haben. Mit dem grandiosen In-Die-Fresse-Brett „Topped With Cheese“ ging es los, nach der dröhnenden Geräuschwand der Vorgängergruppe war dieser Stilbruch zu punkigem Grunge ein gehöriger Tritt in den Hintern – was es brauchte, um Bewegung in den Laden zu kriegen.
24/7 Diva Heaven rockten voller Leidenschaft und Humor durch die Songs ihres Debütalbums „Stress„. Mit ihrem wundervoll fetten Sound gingen Hits wie „Potface“, „Death To“ oder das etwas langsamere „Everyman“ unendlich gut ab. Karo, Kat und Mary waren bester Laune, hatten Spass und verausgabten sich im kurzen Set. Spätestens beim genialen „Bitter Lollipop“ war nach dem verhaltenen Beginn endlich Einiges los in der Meute. Mit einer herzerfüllten Dankesrede und einem „ihr seid zauberhaft“ war leider wieder Schluss. 24/7 Diva Heaven sind eine fantastische Liveband und es ist immer eine grosse Freude, mit den Dreien abzurocken.
Als nächstes war die Band an der Reihe, dank welcher der ganze Anlass stattfand: die Hathors! Diese gesellten sich nach kurzem Umbau gemütlich auf die Bühne und legten ohne viel Firlefanz entspannt mit „The Valley“ vom aktuellen Album „Grief, Roses & Gasoline“ los. Im Salzhaus war umgehend gute Laune zu verspüren und die Menschen wurden tanz- und bewegungsfreudiger. Vor allem, als sich die Ladies von 24/7 Diva Heaven in die erste Reihe mischten und Stimmung machten.
Mit dem zweiten Song „Loose Ends“ zeigten sich die Hathors von ihrer wilden Seite. Im Publikum tauchte auf einmal Big Hero 6 auf, was für einige verwunderte Blicke sorgte. Der voluminöse Roboter gesellte sich einwandfrei in die rockende Menge und tanzte zu fetten Songs wie „For A Reason“, „Love Is Just A Feeling“ oder „Revolver“ munter mit. Beim abschliessenden „Brainwash“, dem wohl chaotischsten und lärmigsten Song der Hathors, lief Bassist Thorsten kurzerhand einmal quer durch das Publikum. Danach gab es von Sänger/Gitarrist und Chef Marc Bouffé ein artiges Dankeschön an alle Beteiligten und natürlich ein paar Zugaben. Die Hathors sind eine Macht, es ist jedes Mal geil mitzuerleben, was die Jungs auf der Bühne fabrizieren.
Glücklicherweise war damit aber nicht Ende Gelände, denn mit Monkey3 stand der gewaltige Headliner an. Die Stoner-Giganten aus Lausanne betraten die Bühne mit unglaublich viel Nebel und drifteten in sphärische Höhen ab. Monkey3 spielen in ihrer eigenen Liga. Wunderbar heavy und abgespaced verstehen es die vier wie wenige sonst, das Publikum in ferne Sphären zu entführen. Der treibende Bass, die ultraschweren Gitarrenriffs, die fetten Synthies und vor allem das komplette Wegbleiben von Gesang machen ihren Sound zu etwas Besonderem.
Es ist beachtlich, wie die vier ohne Worte auskommen und man im Publikum gleichwohl stets merkt, wie viel Spass auf der Bühne herrscht. Gitarrist Boris reckte immer wieder die Pommesgabel in die Luft und strahlte viel Coolness und Rock’n’Roll-Vibes aus, Bassist Kevin kam aus dem Grinsen nicht heraus und Keyboarder dB verschwand meist im Dampf seiner E-Zigarette. Wundervoll. Ein Song war epischer als der letzte, die stimmige Lichtshow tat ihr übriges. Nach einem ohnehin fantastischen und abwechslungsreichen Abend setzten Monkey3 dem Ganzen wahrlich noch das Tüpfchen aufs I.
Nach Mitternacht kamen die Herren aus der Westschweiz am Zenit ihrer Odyssee durch das Weltall an. Unter tosendem Applaus gingen sie nach einer gewaltigen Zugabe von der Bühne, das Noise Fest 2021 war am Ende angelangt. Es bleibt nicht mehr zu sagen als: bitte gerne wieder! Der Abend sehr gut, sowohl die Bands wie auch die Menschen im Publikum hatten sichtlich Spass. Ich hoffe sehr, dass uns nächstes Jahr wieder ein Fest des Lärms erwarten wird.
Setlist 24/7 Diva Heaven
1. Topped With Cheese
2. Shamebath
3. Head On Collision
4. J.T.
5. Potface
6. White Swamp
7. Death To
8. Everyman
9. Doctor Touch
10. Bitter Lollipop
Setlist Hathors
1. The Valley
2. Loose Ends
3. Revolver
4. For No Reason
5. Love Is Just A Feeling
6. It Takes Forever
7. Where Were You
8. Holy Shit
9. Heaven Falls
10. Brainwashing Television
Zugaben
11. Keeping Secrets
12. New York
13. Rock This Town