Datum: 6. Juni 2015
Ort: ExpoPark – Nidau
Off. Webseite: Sonisphere Festival
Sturm und Gewitter bereits im Vorfeld. Das Sonisphere Festival ist bekannt für sein hartes Metal-Line-Up. Im Normalfall … Während ein paar Tage zuvor die Marke Sonisphere in Italien mit Bands wie Metallica, Faith No More, Meshuggah etc. aufwartete, überraschte bereits die Ankündigung vor einigen Monaten in unserem Ländle nicht schlecht. Denn hier hiess es Muse. Ein grosses „M“ zwar, aber nicht das von den Fans erwartete „M“ für Metallica, Megadeth oder Motörhead. Ein erstes Gewitter braute sich in den Social Media Plattformen auf und entlud seinen Frust auf die Veranstalter.
Des einen Leid, des anderen Freud! Ja… Muse, das sagten sich 35‘000 Besucher des Festivals, von denen gut die Hälfte erst zum Headliner hin in den ExpoPark nach Nidau pilgerten. Zum Glück muss man fast sagen, denn der Sommer zeigte sich am Samstag von seiner heissesten und unberechenbarsten Seite. Und wären da bereits zu Beginn alle Besucher auf dem Areal gewesen, dann hätte es noch mehr lange Gesichter vor den Schlangen am Eingang, bei den Verpflegungsständen und den allseits beliebten Tixi-Klos gegeben.
Die beiden Schweizer Vorbands Gustav und Bonaparte passten noch weniger zum Sonisphere, als Muse. Die beiden Bands konnten einem fast leidtun. Aber auch hier; wäre das Line-up festivalgerecht gewesen, würden auch sogenannte Support-Acts als Headliner durchgehen.
Mit den schwedischen Stimmungsgaranten The Hives kann man dafür nie schief liegen. Wenn Sänger Howlin’ Pelle Almqvist erst mal auf der Bühne steht, dann gibt es kein Erbarmen für Band und Publikum. Die adrett gekleideten Herren sind einfach der Wahnsinn, wie sie in der prallen Sonne Vollgas geben. Der Schweiss tropft und trotzdem wechselt Almqvist mehrmals von der Bühne hinab zum Publikum und zurück.
Respekt auch vor den hardcore Muse-Fans, die gleichfalls arg schwitzend in der vordersten Reihe ausharrten, um ihren Idolen ein paar Stunden später zwar erst, nahe sein zu können. Die Frage nach dem Wasserlassen stellt sich bei mir allerdings jedes Mal zwangsläufig. Doch wer möchte hierauf die Antwort eigentlich genau wissen?
Ein erster Sturm zog auf und die Mobiltelefone wurden nicht nur zwecks knipsen, filmen und selfies gezückt, sondern auch um die Radarwettermeldungen im Auge zu behalten. Kurz bevor die Kalifornier von Incubus an der Reihe waren, verabschiedete sich die Sonne ganz un-kalifornisch.
Der Schmuserock von Incubus kühlte zusätzlich etwas ab und allen, die mit etwas ruhigerer Musik nichts anfangen können, war diese nächste Stunde wohl etwas langweilig. Was zu Beginn ihrer Karriere mit 90er Jahre typischem Grunge und Crossover begann, hat sich über die Jahre hinweg zu melancholischem Pop-Rock entwickelt.
Sänger Brandon Boyd setzte sich nicht nur mit seinem perfekten Gesang in Szene, sondern es wehten ihm optisch kitschig die Haare im Wind, fast als wäre es so geplant gewesen. Einerseits war der Wind also fotogen, doch andererseits verflogen damit auch die Töne und zerflatterten die Musik zu einem klanglich nicht berauschenden Erlebnis.
Der Wind hatte sich verzogen und das Gewitter brach über andere Regionen als Nidau herein. Und dann waren da noch Muse und plötzlich war der Park bis zur letzten Reihe der Tribüne voll. Mit dem neuen Album „Drones“ im Gepäck, dafür mit wenig Show-Equipment, boten die Engländer ein spektakuläres Musikerlebnis.
Muse sind trotz ihrer extravaganten Musik und den schrägen Melodien und Tempowechsel schnell aus den kleinen Clubs gewachsen und haben sich in den grössten Hallen dieser Welt breit gemacht. Entsprechend pompös und stadionfüllend wurde ihr Sound zwischenzeitlich. Und dennoch ist es merkwürdig und bleibt mir ein Rätsel, wie eine Band wie Muse es zur Massentauglichkeit schaffte. So sang und tanzte eine buntgemischte Schar von Menschen jeden Alters zu den komplexen Klängen und alle hatten ihre Freude.
Buntgemischt, statt einheits-metal-schwarz … egal, Muse waren es definitiv wert diese Reise an den Bielersee anzutreten. Irgendwie war es alles in allem ein Muse Konzert, einfach unter dem Markennamen des Sonisphere. Anstatt Metal gab es Konfetti und Ballone, diese dafür in Schwarz. Und anstatt einer gigantischen Bühnenshow von Muse, boten die Engländer dafür gewohnt grandiose Musik.
Text + Bilder: Nicole Imhof