15. November 2018
Salzhaus – Winterthur
Bands: Motorpsycho
Day two out of three. Motorpsycho im Salzhaus in Winterthur. Wenn der Gig der Norweger in der Schüür am Mittwoch schon ein „kolossaler Turm vorzüglicher Klangbäder“ war, was darf man noch erwarten? Vorneweg: Enttäuscht wurde niemand! Denn auch wenn man auf diesen oder jenen Song wartet, so gibt es immer wieder den Moment: „Genau, den gibt es ja auch noch, und den hatte ich gar nicht mehr auf dem Radar.“ Das schöne an Motorpsycho ist, dass jedes Konzert anders ist, dass es zwar wiederkehrende Songs in den Setlisten gibt, und trotzdem immer wieder andere, mit etwas Glück auch Neukompositionen zu hören sind. Zugegeben, die Jungs haben auch eine Auswahl von 30 Jahre des Musikschaffens zur Verfügung, die in Winterthur sodann auch ziemlich einmal quer durch gemäht wurden. Angefangen von den 90ern mit „Manmower“, „S.T.G“, „The Wheel“ und „Fools Gold“ bis zum letztjährigen Übersong „Pacific Sonata“. Und dann gibt es noch solche, die seit den 90ern nur an einer Handvoll Konzerten gespielt wurden wie „The Green Manalishi“, ein Fleetwood Mac-Cover.
Aber Motorpsycho machen viel mehr als nur Songs zu spielen. Motorpsycho sind auch eine Jam-Band. Kaum ein Song, der straight wie auf einem der unzähligen Alben daherkommt, immer wieder Übergänge in Jams, die ausufern, ruhig werden, länger oder kürzer sind, sich aufschaukeln oder in einer solchen Fragilität und Ruhe enden, dass man eine Stecknadel zu Boden fallen hören könnte. Einfach um den gefühlt wuchtigsten Einsatz der ganzen Rockgeschichte zu zelebrieren. Das sind genau die Momente! Falsch, es sind nicht Momente … So ein Konzert ist ein einziger zweieinhalbstündiger Moment.
Überhaupt die Jams: Jeder der in einer Band spielt (oder auch nicht), sollte einmal beobachten was zwischen den Musikern auf der Bühne abgeht. Es ist unglaublich, und man merkt wie gut sich die Band kennt, wie sie sich verstehen, wie sehr sie aufeinander eingehen können. Dies ist nebst dem puren Wahnsinn den sie ihren Instrumenten entlocken ein ebenso grossartiges Erlebnis. In all den Jahren die ich sie kenne sind sie gewachsen. Sie waren schon immer gut. Aber sie sind noch besser, tighter, straighter und facettenreicher geworden. Und, das ist etwas ganz wichtiges und macht die Band zu etwas so grossartigem: Bei dem was sie machen, wenn der Song funktioniert hat, einem Jam der noch viel besser rausgekommen ist als gedacht, und ganz selten auch bei einem Patzer ist ihre Freude an dem was sie machen, die Freude an jedem einzelnen Ton sicht- und spürbar. Und das nach 30 Jahren.
Auch schön an Motorpsycho: Sie lösen beim Publikum ganz unterschiedliche Reaktionen und aus. Während die Einen bei minutenlangen vom monotonen, simplen, dafür umso grollenderen und fuzzigeren Bassriff von Bent Sæhter getragenen „The Wheel“ die Köpfe schütteln, und Thomas Järmyr das Schlagzeug traktiert, wiegen sich die Anderen im selben Moment mit geschlossenen Augen in den abdriftenden Klängen der Gitarre von Hans Magnus Ryan und des Mellotrons von Reine Fiske. Aber eines haben auch alle im Publikum gemeinsam: Das glückliche Lächeln im Gesicht!
Wenn Musik ein Bett sein müsste, dann wäre es Motorpsycho. Zum hineinlegen und einlullen. Und das ist gut so. Heute Abend gibt es dazu nochmal die Möglichkeit im Dachstock in Bern. Was wohl am Tag 3 von 3 kommen wird? Das wird die Überraschung sein. Vielleicht das neue Wunder von Bern?
Setlist [Quelle: Setlist.fm]
1. The Tower
2. Manmower
3. On a Plate
4. The Cuckoo
5. A Pacific Sonata
6. Triggerman
7. The Green Manalishi (Fleetwood Mac Cover)
8. S.T.G.
9. Lacuna/Sunrise
10. Ship of Fools
11. Starhammer
12. The Wheel
Zugabe
13. Fools Gold
Text: Mischa Castiglioni